Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz A 027.jpg

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implicite die Richtigkeit unserer Erklärung von der eingeborenen Christlichkeit, d. h. Wahrhaftigkeit (ich bin .... die Wahrheit ....) der Seele zu.

Ebenso richtig erwähnt Morris (l. c.), daß im Äußeren und durch seine Attribute (Lamm und Stabkreuz) Agnuskastus an die Gestalt des Johannisknaben erinnert, während für die Ansicht Michels, die Gestalt sei den bekannten Jesusknabenbildern nachgebildet, gar kein Anhalt gegeben ist. Der überreichen Phantasie des Dichters, die immer mehrere Bilder zugleich sah, mag bei der äußeren Agnuskastusgestalt sicher auch das Bild des kleinen Johannes als „Wegebereiter des Herrn“ vorgeschwebt haben, der nach der Legende auf der Flucht nach Egypten vorauseilte, Steine aus dem Wege räumte und Quellen entspringen ließ. Immer wieder aber nur ein anderes Bild für die Aufgabe des Agnuskastus, der Wahrhaftigkeit des Gewissens, dem Christus unserer Seele, die Wege zu bereiten.

Ist so Agnuskastus als Symbol des durch die Geschlechter fortwirkenden Segens des Heilandes ein der Dichtung eingeprägtes tiefchristliches Moment, so ist andererseits auch die Vererbung des Fluches durch den Diebstahl des Ringes, die auf dem Geschlechte lastet, vom Dichter symbolisch durchgeführt durch die Ringe, welche in der Dichtung eine Rolle spielen. Der durch Diebstahl in den Besitz des dadurch mit Fluch beladenen Geschlechtes gekommene Ring Mariä, den Dolores ihrem Knaben Kosme anhängte, wird kurz vor Eintritt der drei erlösenden Rosen in die Dichtung dem Geschlechte wieder entzogen. An seine Stelle tritt der unheilbringende Ring der Venus, den Kosme der Rosatristis gibt. Diese legt ihn mit der neugebornen, ausgesetzten Biondetta vor dem Bildstock nieder. Biondetta gibt ihn der Rosablanka, die durch ihn verbuhlt wird und sich und Meliore und Jacopone in Gefahr bringt. Diese Gefahr voraussehend will der Geist der Rosatristis Rosablanka den Ring abstreifen. (Rom. 16. Str. 49.) Biondetta

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Petrus-Verlag G.m.b.H., Trier 1912, Seite XXVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_A_027.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)