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Anerkennung gegenüber, welche das rein Äußerliche der Form gefunden hat, kurz fassen. Indem der Dichter für das ihm vorschwebende religiös-romantische Epos die Romanzenform wählte, folgte er einer ererbten Naturanlage.[1] In ihrem Sonett auf des Dichters Büste von Tieck sagt Sophie Mereau: „Die Augen gab ihm sinnend die Romanze“. Brentano war ein geborener Romanzero, ein Dichter, dem die Poesie zugleich Musik war, dem alle Kunst nur ein Abbild jener ewigen Gesetze war, von denen wir Sterblichen eine Ahnung durch die absolute Kunst, die Musik erhalten. Wenn daher Alex. von Bernus in seiner Auswahl aus Brentanos Gedichten (Pantheonausgabe) „weder chronologische noch inhaltliche, sondern musikalische Gesichtspunkte als einzig möglich und bestimmend“ betrachtete, so hat er damit das innerste Wesen der Kunst Brentanos richtig herausgefühlt. Seine Kunst wurzelt im Lied. Darum seine Vorliebe für die Volkspoesie, eine Frucht seiner vorzugsweise lyrischen Begabung. Als daher ein epischer Stoff in ihm nach Gestaltung rang, mußte diese in einer Form erfolgen, die des Dichters Eigenstes am ungezwungensten zu geben vermochte. Das war für den Halbitaliener, den geborenen Lautensänger Brentano, die romanische Schwester der Ballade, die Romanze.

Wenn Brentano im Jahre 1811 in einem Brief an seine Schwägerin Toni erwähnt, seine Romanzen seien so wie der Cid von Herder, so will er damit nicht sagen, daß der Herdersche Cid ihm Vorbild gewesen sei, sondern nur ein Beispiel geben, damit Toni nicht meinen sollte, er dichte etwa ein Epos in Hexametern. Michels bezweifelt ganz mit Recht, daß Brentano den Herderschen Cid schon 1808 gelesen habe. Die Romanzenform hat er längst vorher gekannt und virtuos in ihr gedichtet. Wie sie aber gerade ihm lag, das beweisen doch am besten grad seine Romanzen vom Rosenkranz, ungezwungene,


  1. Nach einer Notiz Böhmers in dessen Nachlaß pflegte der Vater des Dichters halb in deutscher, halb in italienischer Sprache Liebeslieder zur Guitarre zu singen.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Petrus-Verlag G.m.b.H., Trier 1912, Seite XLVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_A_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)