Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz A 064.jpg

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Vergleichen, Beschreibungen etc. Verwendung zu finden; 3. historische Notizen, die zur Schaffung des romantischen Unterbaues der Dichtung dienen; 4. Notizen, in welchen die historischen Personen und Ereignisse auf die Personen und Ereignisse der erfundenen Fabel angewendet erscheinen. Daß bei dem vierfachen Zweck, den der Dichter bei seinen Notizen verfolgte, Amplifikationen, ja Widersprüche vorkommen, ist ganz natürlich, ebenso daß Situationen und Ereignisse mehrfach und in verschiedener Art und Weise notiert sind. Wie die endliche Fassung werden würde, mußte der Dichter der augenblicklichen Eingebung zur Zeit der wirklichen dichterischen Arbeit überlassen. Scheinen die Notizen ein sehr reiches Material zu enthalten, so läßt dieser Umstand gar keine Schlüsse auf den Umfang dessen, was der Dichter aus ihnen gemacht haben würde, zu, da wir nicht wissen, in welchem Maße der Dichter den Stoff ausgenutzt haben würde, wohl aber aus dem, was fertig ist, und aus seinen übrigen Dichtungen entnehmen können, wie er ganz weit ausschauende Darstellungen in ganz kurzer Zusammenziehung zu verwenden versteht und daß er ganze historische Partien in kurzen Traumbildern oder Erscheinungen wiederzugeben liebte. Es scheint uns durchaus nicht ausgeschlossen, daß der Dichter in der von Apo dem Meliore in Romanze 14 vorgezauberten Vision das, was er vom Streit der Geschlechter in Bologna benutzen wollte, für seine Zwecke erschöpft hat. Aus der Notiz aber, daß er die ganze weitläufige Vorgeschichte der Romanzen in einer Offenbarung am Schlusse der Dichtung dem einen der Beteiligten gegenüber wie eine Vision oder in Form einer Erzählung wollte zu Tage treten lassen, können wir schließen, daß die Fülle des Stoffes dem Dichter selbst durchaus nicht überwältigend erschien und daß nicht der Umfang und die Größe desselben die Schuld an der Nichtvollendung trägt. Das Nichtfertigmachen lag in Brentanos Natur, ja gewissermaßen in der Romantik selbst, die kein ruhender Zustand, sondern ein lebendiges Fortentwickeln ist. Wir dürfen wohl annehmen,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Petrus-Verlag G.m.b.H., Trier 1912, Seite LXIV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_A_064.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)