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Otto Sarrazin und Karl Schäfer (Red.): Centralblatt der Bauverwaltung

Dampfschiff für Drahtseil-Tauerei.

Wenn es sich darum handelt, die Schiffahrt eines Flusses durch Einführung der Tauerei anderen Verkehrswegen gegenüber mitbewerbfähig zu erhalten oder neu zu beleben, so wird stets in erster Linie die Frage aufgeworfen: „Soll der Betrieb an einer Kette oder einem-Drahtseil geschehen?“ Der allgemeine wirthschaftliche Einfluss auf Handel und Wandel ist beiden Arten der Tauerei in gleich hohem, schätzenswerthem Masse zu eigen, und es sind daher nur technische Fragen, welche vor der Entscheidung beantwortet werden müssen. Verschiedene Umstände haben sich nun vereinigt, um in den meisten Fällen der Ausführung die Waage zu Gunsten der an und für sich unvollkommeneren Kette sinken zu lassen. So finden wir z. Z. die ganze Elbe von Leitmeritz in Böhmen bis Hamburg (687 km), die Saale von Halle bis zur Mündung in die Elbe (105 km), den Neckar von Heilbronn bis Mannheim (123 km), die Brahe auf 13 km und die Havel und Spree auf 20 km Länge mit der Kette belegt und die gleiche Einrichtung für den Main in Vorbereitung. Ausser auf der bereits erwähnten Elbstrecke von Leitmeritz bis zur sächsischen Grenze bei Schandau (69 km) ist die Kettenschleppschiffahrt in Oesterreich noch auf dem mittleren Theil der Donau ober- und unterhalb Wiens im Betriebe, während die der I. k. k. priv. Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft concessionirte Verlängerung der Kette bis Passau bezw. Ulm augenblicklich zu eingehenden Verhandlungen in den betheiligten Kreisen Veranlassung giebt. Auch in Frankreich (441 km), Belgien (28 km) und Russland ist Tauerei mit Kettenschiffen in Anwendung. Dem gegenüber hat die Seilschiffahrt einen Rückgang in der räumlichen Ausdehnung zu verzeichnen: in Belgien, America und Oesterreich sind sämtliche Drahtseilbetriebe wieder eingestellt und nur in Deutschland ist derselbe noch im mittleren Laufe des Rheins von Obercassel bei Bonn bis nach Bingen (120 km) in erfolgreicher Verwendung.

Zweifellos stellt die Seiltauerei einen höheren Grad der technischen Vollkommenheit dar als die Kettenschiffahrt, und wenn trotzdem

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Otto Sarrazin und Karl Schäfer (Red.): Centralblatt der Bauverwaltung. Verlag von Ernst und Korn, Berlin 1885, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Centralblatt_der_Bauverwaltung_(IA_centralblattderb5188unse).pdf/385&oldid=- (Version vom 7.3.2021)