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Manne gethan, das hast du mir gethan.“ Da bekehrte sich Martin zum Christenthum, und wurde ein grosser Heiliger. Als Bischof von Tours übte er grossen Einfluss auf die Christianisirung Galliens, bekehrte viele Heiden, zerstörte Tempel etc. Man erzählt viele kleine Wunder von ihm. Einmal, als er Messe las, schwebte die Hostie auf und glänzte über seinem Haupt, wie eine Sonne. Einen Aussätzigen heilte er durch einen Kuss. Ein Hase flüchtete zu ihm vor den Hunden. Als er einen heiligen Baum der Heiden fällen liess, stellte er sich auf die Seite, wo der Baum hinfallen sollte, machte aber nur das Kreuz und der Baum fiel auf die andere Seite. Als er, von einem Heiden verwundet, ganz allein liegen blieb, pflegte ihn ein Engel. Der Teufel erschien ihm in Gestalt des Jupiter, der Venus und anderer Götter und Göttinnen, ja endlich in der Gestalt Jesu selbst, entfloh aber, als Martinus, den Betrug merkend, die Wundenmale suchte. Als er vor Valentinian erschien, glaubte dieser als Kaiser wohl sitzen bleiben zu dürfen, aber auf einmal wurde ihm der Stuhl glühend heiss und geschwind stand er auf. Einst sah er Christen beten am Grabe eines vorgeblichen Heiligen; aber auch hier bewährte sich sein Scharfblick: er zwang die Seele des hier Begrabenen, sich zu stellen, und sie gestand, einem Strassenräuber und nicht einem Heiligen angehört zu haben. Als er starb, hörte sein Freund Bischof Severin in Köln aus weiter Ferne mit seinen Mönchen den Gesang der Engel. Wo die Leiche des Heiligen durch’s Land geführt wurde, grünte und blühte Alles, wie im Frühling, obgleich er am 11. November starb.

Unter den Reliquien des Heiligen genoss die höchsten Ehren sein gallischer Rock mit Kaputze (cappa). Dieses Kleid wurde an seinem Fest in Prozession herumgetragen und die Träger hiessen capellani, der Ort, wo es aufbewahrt wurde, capella. Davon gingen die Namen Capellane und Capelle auch auf andere Kirchen und Heiligthümer über. Die merovingischen Könige trugen die Cappa in Schlachten, um den Sieg zu erringen. Vgl. Legenda aurea, ed. Graesse p. 759. Du Cange, glossar. II. 211.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_111.jpg&oldid=- (Version vom 6.12.2022)