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wohlschmeckendsten sind). Die noch im Volk, sonderlich bei den Kindern üblichen Martinslieder wurden von Armen gesungen, die vor den Thüren der Kirchen um Speise und Trank baten, um das Fest mitfeiern zu können. In Norddeutschland bäckt man an diesem Tage die sogenannten Martinshörner, ein Gebäck in Hornform, was man auf die Trinkhörner des altdeutschen Donnergottes bezogen hat, die auf heidnischen Runenkalendern den Martinstag bezeichnen. Nach der nordischen Olaf Tryggvasons Saga 24. gebot König Olaf bei einem grossen Heidenfeste, den Becher nicht mehr zu Ehren des Gottes Thor, sondern des heiligen Martin zu leeren. Ich glaube hier das Heidnische in der Martinsfeier nicht weiter verfolgen zu sollen, und verweise auf Marks Geschichte des Martinsabends und Simrocks Martinslieder.

Martinus wird als Bischof gemalt oder als Ritter auf weissem Rosse mit dem Mantel. Auch erkennt man ihn an der mit Sonnenstrahlen über seinem Haupte schwebenden Hostie, die wohl nicht blos aus einem Vorfall in seiner Legende zu erklären ist, sondern seine grosse Bedeutung für die Kirche überhaupt andeuten soll, mahnend an die über Christo bei der Taufe schwebende Taube und an die Worte: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Ein seltsames Bild in der Kathedrale zu Chartres stellt den Heiligen nackt mit der Bischofsmütze und gefalteten Händen in einer grossen Glorie dar. Didron, icon. p. 128. Das bedeutet aber nur seine Seele, denn Seelen wurden immer als nackte kleine Kinder dargestellt.

Nach der Legende ist einmal der Teufel dem heiligen Martin erschienen und hat die Gestalt des Heilands selber angenommen, um ihn desto gewisser zu täuschen und irre zu führen; aber Martin erkannte sogleich an der Ueberladung mit königlichem Purpur in des falschen Heilands Gewandung und an der gravitätischen Majestät desselben, wen er vor sich habe, und bannte ihn von dannen. Judas von P. Abraham IV. 395.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_113.jpg&oldid=- (Version vom 6.12.2022)