Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 190.jpg

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so willkührlich. Columbus glaubte es an den reizenden Küsten Südamerika's wiedergefunden zu haben.

Nachdem, wie schon Herodot meldet, in altägyptischer Zeit Afrika umschifft worden war, und sobald man seit Aristoteles die runde Gestalt der Erde aus den Mondsfinsternissen etc. erkannt hatte, theilte man sie in Zonen ein und nahm demnach eine zweite gemässigte Zone auf der südlichen Erdhälfte an, entsprechend der, auf welcher wir wohnen. Eratosthenes dachte sich diese Antichthon (Gegenerde) genannte glückliche Zone als eine grosse Insel, wie auch die damals bekannte nördliche Zone als eine Insel im Weltmeer angesehen wurde. Vielleicht trug man auch die Vorstellungen von den Aethiopen und Makrobiern, welche das frühere Heidenthum als höchst glückliche und treffliche Wesen im tiefsten Süden gesucht hatte, auf diese Gegenerde über. Daher bei einigen Kirchenvätern der Glaube, dass das Paradies im Antichthon liege. Vgl. Cosmas, topogr. Christ. 147. Schaubach, Geschichte der Astronomie S. 283. und Alexander von Humboldt, Untersuchungen über die historische Entwicklung der geographischen Kenntnisse von der neuen Welt II. 82. Auch Dante versetzt dahin das Paradies und sagt (purgatorio I. 22.), Adam und Eva haben hier einst die Strahlen des südlichen Kreuzes gesehen, was ihre Nachkommen, aus dem Paradiese auf die andere rauhe Nordseite der Erde vertrieben, nje mehr sehen könnten. Dante dichtet, als Lucifer, der erstgeborne Engel, sich Gott gleichstellen wollte und deshalb aus dem Himmel gestürzt wurde, fiel er in den Mittelpunkt der Erde und blieb darin liegen; durch diese Erschütterung wurden aber auf zwei entgegengesetzten Seiten der runden Erde zwei Berge emporgehoben, auf der einen Seite der Berg des Paradieses, auf der andern der Berg Zion. Beide stehen sich gegenüber wie Adam dem Christus, oder wie die Geburt der Wiedergeburt (Dante von Kopisch S. 132 zum 34sten Gesang der Hölle).

Auch in dieser schönen Allegorie bleibt das Paradies immer noch auf der Erde, und Dante unterscheidet davon

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_190.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)