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in dem das Christkind auf dem Bilde zu Constanz liegt (Fiorillo I. 293.), ist nur eine Glorie. Sofern Christus λόγος (das Wort) ist, richtet sich der vom Himmel kommende Strahl auf einigen alten Bildern nach dem Ohr der Jungfrau. Vgl. Sepp, Heidenthum III. 67. Auf einem Bilde zu Bamberg haucht Gott Vater auf die Taube, diese und das Christkind beide hauchen wieder auf die Jungfrau. Blainville, Reise I. 213. — Zu Kentheim im Schwarzwald steht ein Baum mit drei Aesten als Sinnbild der Dreieinigkeit neben der Scene der Verkündigung. Waagen, Deutschland II. 233.

Häufig haben sich Donatoren auch auf Verkündigungsbilder malen lassen. Die Gegenwart solcher Andächtiger erscheint jedenfalls zudringlich und unpassend bei einem Vorgang, der ein heiliges Geheimniss ist und den die tiefste und ehrfurchtsvollste Stille umgeben soll. Eben so wenig gehören Engel hieher, es ist an dem Einen Gabriel genug. Die kleinen Engel erinnern gar zu sehr an antike Eroten.

Dagegen ist es herkömmlich und erlaubt, alttestamentalische Vorbilder der unbefleckten Empfängniss mit den Bildern der Verkündigung in Verbindung zu bringen: der verschlossene Blumengarten, der durch das Glas dringende Sonnenstrahl, die verschlossene Pforte, der feurige Busch Mosis, die Ruthe Aarons, das Fell Gideons etc., worüber der Artikel Maria im Eingang zu vergleichen ist. Memling stellte in zwei Bildern die Verkündigung und die Vision der tiburtinischen Sibylle neben einander (beide Bilder jetzt in Berlin). Auch Rebecca am Brunnen gilt als Vorbild der Verkündigung, weil nach einer Apokryphe die letztere vor einem Brunnen geschehen seyn soll. Hofmann, Apokr. S. 69.

Wenn man die fromme Einfalt und heilige Andacht erwägt, mit der in alten Marienbildern und Marienliedern die Verkündigung behandelt wird, so fühlt man sich beleidigt und empört durch die Auffassung der Renaissancezeit, die alles Christliche sofort im antik heidnischen Styl reproduciren wollte und ihm gerade dadurch das Heilige nahm. In dem Gedichte Sannazars: De partu virginis (eines Neapolitaners

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_518.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2023)