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Die Sehnsucht der Kreuzzüge, das noch heute fortdauernde Pilgern nach dem heiligen Grabe und das Zurückbringen unzähliger Reliquien von dort hängt genau mit der Bereicherung der abendländischen Altäre zusammen.

In katholischen Kirchen liegt in der Mitte der Altarplatte ein geweihter Stein, bedeutend den Felsen Petri, auf dem die Kirche gegründet ist.

Ueber dem Altare steht der Idee nach im Allerheiligsten der Kirche immer das Kreuz, dessen Stelle aber durch die Monstranz mit dem heiligen Leibe vertreten wird. Das Altarbild ist erst aus der Verzierung des Kreuzes oder der Monstranz entstanden, und erst später von dieser Bedingung freier geworden. Das Crucifix erweiterte sich zu ganzen Gruppen von Schnitzwerk aus der heiligen Geschichte oder von allegorischer Art. Die gemalten Bilder fanden sich ursprünglich nur auf den innern Seiten der Thüren, mit denen das Sakramentshäuschen geschlossen war, und erst wenn man dieses aufschloss, zeigten sich die Bilder und in der Mitte die Monstranz. Später wurden diese bemalten Sakramentshäuschen zu grossen und hohen Altarschreinen, welche einen ganzen Cyclus von Bildern umschlossen, zuweilen mehrere Stockwerke bildeten und mit reichem Schnitzwerk baldachinartig überhängt waren. Den Untersatz des Schreins unmittelbar über dem Altare bildete die verkürzte predella, gleichfalls bemalt. Die zweiflüglichen Schreine hiessen Diptycha, die dreiflüglichen Triptycha. So wurde in Deutschland meist die alte Mitte von den Seiten überflügelt, in Spanien dagegen breitete sich die Monstranz in der Mitte in colossaler Grösse aus und bildete über den Altären Sonnen von weitestem Umfang, oder Kelche und Thore des Lichts, strahlend von Juwelen.

Indem man das Bild unter einen Baldachin stellte, nahm derselbe den Charakter eines Thrones an, zu dessen Füssen man huldigte und Opfer brachte. Dem entsprechen die Blumengefässe und das Opferbecken auf dem Altare, das Bildchen zum Küssen (osculatorium), so wie die zur Schau ausgestellten anderweitigen Opfergaben und die Symbole der Kirchengewalt,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_049.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)