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mittelbar durch Engel. Aber die Engel dienen ihm, beten ihn an, verkündigen ihn, lobsingen ihm und beklagen ihn.

Im jüdischen Talmud, wie auch im muhamedanischen Koran, wird Adam vor dem Falle von den Engeln angebetet. Diese Ehre gebührt aber nach christlichen Begriffen nur Christo, denn nicht die Geburt, nur die Wiedergeburt macht heilig; nicht der erste, nur der zweite Adam kann Herr der Engel seyn. Christus ist es vermöge seiner ewigen göttlichen Natur. Dieser dogmatische Gedanke ist zart ausgedrückt in einem Bilde des Hugo van der Goes. Vom neugebornen Christkinde geht allein Licht aus und beleuchtet auch die aus dem dunklen Nachthimmel hervortretenden Engel, die an sich kein Licht haben. Vgl. Kunstbl. 1841, S. 18.

Wie die Engel schon im alten und neuen Testament unzähligemal als Boten Gottes erscheinen, um Heil zu verkünden oder zu warnen, wie sie Strafen vollziehen, Unschuldige schützen und begleiten etc., so begegnen sie uns auch wieder in der Legende. Engel verkündigen den Müttern vieler Heiligen, z. B. der heiligen Gudula, Genoveva, des heiligen Kentigern etc., die Geburt derselben. Der Gesang der Engel wird von Heiligen vernommen, z. B. von der heiligen Cäcilie, der heiligen Veronica, dem heiligen Franciscus. Ein Engel begleitet die heilige Francisca und bedeckt seine Hände, so oft in ihrer Nähe etwas Unreines geredet wurde. Ein Engel begleitet zu Pferde die heilige Hildegund auf ihrer Reise in’s heilige Land. Ein Engel reicht dem heiligen Bonaventura das Abendmahl. Ein Engel heilt die Wunden des heiligen Sergius, des heiligen Carterius. Engel begruben die heilige Katharina, den heiligen Secundus.

Bei neuern Malern seit dem 16ten Jahrhundert bemerkt man oft einen zu grossen Luxus in Bezug auf das Anbringen von Engeln auf den Bildern. Sie sind dazu durch das häufige Vorkommen der Genien, Eroten etc. auf antiken Bildern veranlasst worden, und haben oft eine wahrhaft heidnische Koketterie hineingetragen. Ein Engel zielt z. B. nach dem Herzen der heiligen Theresa nicht anders wie der antike Amor.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_249.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)