Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 273.jpg

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es mit dem Stolze des menschlichen Geistes nichts sey. Mephostophiles sagt: „Ich bin ein Teufel und thue nach meiner Weise; wenn ich aber ein Mensch wäre, wie du, so würde ich mich vor Gott demüthigen und viel lieber Gott dienen, als dem Teufel.“ Das Wohlleben und diese unbehaglichen Disputationen mit dem Teufel genügten Faust nicht mehr. Er wollte vor der Welt glänzen und hielt Vorlesungen, worin er die Natur erklärte und von der Zukunft weissagte, und wodurch er Alles in Erstaunen setzte. Aber auch das genügte ihm nicht. Nachdem er vom Teufel Alles gehört, was dieser über das Jenseits wusste, verlangte Faust, mit dem Jenseits in unmittelbare Berührung zu kommen. Zuerst liess er sich eine Auswahl der vornehmsten Teufel vorstellen. Als sie ihn aber wieder verliessen, blieb das ganze Haus voll Ungeziefer, vor dem Faust fliehen musste. Das schreckte jedoch Faust nicht ab, dem Herrn in der Hölle den Gegenbesuch abzustatten. Beelzebub kam mit einem beinernen Stuhl auf dem Rücken, darein setzte sich Faust und fuhr mit ihm durch die ganze Hölle, deren Flammen, Heulen und Zähneklappern er mit voller Musse betrachten konnte. Glücklich zurückgekehrt, wollte er nun auch den Himmel oben sehen und fuhr auf einem Drachenwagen hinauf, zuerst schief über alle Länder der Erde, nach Osten zu, so dass er tief nach Asien hinein die ganze Erde überblickte; dann empor zu den Sternen, die er in dichter Nähe wie grosse Welten sah, während die Erde unter ihm klein wurde wie ein Dotter im Ei.

Nachdem Faust seine Neugier oben befriedigt, gelüstet es ihn, Das zu geniessen, was ihm am nächsten lag, die Erde. Mephostophiles muss sich also in ein Flügelpferd verwandeln, auf dem reitend er alle Länder und Völker der Erde zu besuchen unternimmt. Unter andern kommt er auch nach Rom und bedauert sehr, dass er nicht Papst geworden ist, als er sieht, wie der Papst herrlich und in Freuden lebt. Unsichtbar seiner Tafel beiwohnend, nimmt er ihm die feinsten Speisen und Weine vom Munde weg. Der Papst glaubt, es

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_273.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)