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sobald als möglich aus allen Banden des Irdischen zu befreien. Die rechtgläubige Kirche nahm dagegen, gestützt auf die heilige Schrift, die Ehe unter die Sakramente auf, und muthete Jungfräulichkeit nur dem Priesterstande zu. Auch die Engel sind jungfräulich, weil geschlechtslos. Diesem Zustand reiner Geister sich zu nähern, ist keine Pflicht der Laien, aber ein Recht jedes Frommen.

Daher die besondere Heiligkeit der sogenannten jungfräulichen Ehen, in welchen beide Theile freiwillig die Jungfräulichkeit behalten und nur einen Seelenbund schliessen. Das Vorbild aller solchen Ehen ist die des Joseph und der Maria; die berühmteste Ehe der Art ist die des Kaisers Heinrich I. mit der heiligen Kunigunde, ferner die Ehe Alphons II., Eduard III. etc. Vgl. Stengelii ova paschal. 174, wo viele Beispiele zusammengestellt sind.

Schon im alten Testament wird zum öftern (im Widerspruch mit dem jüdischen Wunsche des Kindersegens) die Ehelosigkeit gelobt und „die Unfruchtbare selig gepriesen“, im Gegensatz gegen sündhafte Ehen, böse Kinderzucht oder Ehebruch. Jesaias 54, 1. Buch der Weisheit 3, 13. 16.

Alle frommen christlichen Jungfrauen, die dem irdischen Bräutigam entsagen, erwarten den himmlischen, welcher ist Christus. Darum heisst in einem schönen alten Hymnus bei Fortlage S. 35. Jesus der Jungfrauen Krone und wird er hier aufgefasst als stets umringt von Jungfrauen.

Das heiligste Mysterium der Christenheit ist die Geburt des Gottmenschen durch eine Jungfrau ohne Zuthun eines Mannes. Es fehlt nicht an heidnischen Vorbildern dazu, die von Sepp, Heidenthum I. 414 f. zusammengestellt sind. Bei den Indern galten Krischna und Kama, bei den alten Persern Mithras als von einer Jungfrau geboren etc. Allein jene heidnischen Mythen stehen in gleichem Range mit vielen andern wunderbaren Geburten der Götter aus Steinen, aus einem Funken, aus einer Blume, sogar aus einem Mann (Athenes Geburt aus dem Kopfe des Zeus), und handeln nur von einzelnen Göttern, neben denen es noch viele andere

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_460.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)