Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 486.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Jesuiten hasste. Beide Confessionen waren hauptsächlich darin einig, so viel Licht als möglich in die Kirchen einzulassen, und zwar nicht mehr durch gefärbtes Glas auf dunkle Wände, sondern durch helle Fensterscheiben auf breite weisse Wände. Nach und nach riss immer mehr weltliche Willkühr bei Kirchenbauten ein, oder erlaubte die Armuth nur kasernen- oder fabrikartige Bethäuser aufzurichten. Jeder Baumeister, unbekümmert um die höhern Zwecke und ewigen Symbole der Kirche, stellte irgend etwas Eigenmächtiges hin, meist in einem antikisirenden, akademischen, von Mode, Laune und Geldrücksichten modificirten Style. Die neuen Kirchen in Karlsruhe, der Hauptstadt Badens, gleichen eher Porzellanöfen als christlichen Kirchen. A. v. Reumont sagt in seinen Römischen Briefen I. 365. mit Recht: „Die Kirchen des siebenzehnten Jahrhunderts sehen einander alle ähnlich, die des achtzehnten sind gar nicht zum ansehen.“

Den Fussboden der Kirchen schmückten in den ältesten Zeiten Mosaiken mit christlichen Sinnbildern und Grabsteinen, weil unter der Kirche begraben wurde. Ehe die Decke gewölbt wurde, liebte man die platte Balkendecke zu vergolden, wie auch der Goldgrund auf Bildern den Himmel andeuten sollte. Später malte man die Decke blau mit Sternen. In der Gereonskirche zu Köln concentriren sich die Sterne in eine Sonne. In den Kuppeln brachte man gerne Frescobilder an und zwar meist Darstellungen aus dem Himmel, die Dreieinigkeit, die Himmelfahrt oder Krönung Mariä, wobei die runde Kuppelform geschickt war, mehrere concentrische und scheinbar immer mehr sich entfernende Engelreigen anzubringen.

Man findet in den ältern Kirchen häufig Drachen, Affen, reissende Thiere, Ungeheuer und Teufelsfrazzen theils an den Säulencapitälchen, theils unter dem Gebälk gekrümmt und wie von der heiligen Last erdrückt, theils als Köpfe der Wasserrinnen, theils als Karyatiden oder Träger. Damit wird das von der Kirche überwundene Böse ausgedrückt, das sich vor ihr verstecken oder ihr sogar dienen muss. Ausserdem kommen auch humoristische Abbildungen vor, in

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_486.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)