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Die führen die Fürsten zu Ehren,
Wer jemands verkart, er wird gelahrt,
Sein Gemüth zur Tugend kehren.
Darum so haben die Alten weiss
Solch Bücher allzeit gelesen,
Mit hohen Fleiss und sind durch Preiss
Ihrer Feinde desto bass genesen.
Alexander[s 1] hat Homerum wehrt,
Vergilius folget Augusten
Scipio hat Xenophontis begehrt,
Solch König der Lehre gelusten.
Alexander etwa weinen begunt
Bey dem Grabe Achillis so sehre,
Und sprechen kunt, seelig was die Stund
Da Homerus beschrieb dein Ehre.
Kein besser Spiegel die Fürsten han
Zur Tugend und Ehre gemeine,
Sie sahen daran, ihrer Vorfahren Wahn,
Dadurch sich bessern alleine.
Denn was ihre Räthe vermögen nicht
Erinnern sie durch Treue,
Werden sie bericht, durch Historien Schicht
Der alten That wird ihnen neue.


Das Erste Buch.
Von dem Uhrsprunge des Königlichen Hauses zu Mecklenburg, etwann Obetriten genandt.
Das erste Capitel.

DIeweil ich mich hab unterstahn Origo Regiae Domus Obotritarum.[s 2]
So will ich auch nicht abelahn
Von dem ersten Herkommen sprechen,
Der Obetriten Könige rechen.
Und welcher was vergessen gantz
Bringen in der Schrifft Glantz
Ihr Uhrsprung reicht von Alter schon,
Vom grossen Alexander und Amason
Das zeigen an die Bücher und Wende
Die stehend gemahlt nicht unbehände.
Den ersten Platz die Amason han,
Orethia die Königin trägt die Fahn
Der Obersten Königin Tochter werth,
Nu möget ihr hörgen wer begehrt
Wie Mecklenburg von Alexandro kömt
Und solt das niemand haben frembd
Als Alexander die Welt fast gar,
Uberwunden hatte mit seiner Schaar
So kam er auch in Schyter Land,
Das ist den Gewanderten wohl bekand.
Da wohnete inne zu der Zeit
Frauen geschicket zu den Streit,
Die wahren genennt Amason
Thalestris trug die Zeit die Crohn,[1]
Die kam do ihm entgegen vorwahr
Mit 300. Jungfrauen was ihr Schaar.
Und begehrten von ihm zu empfahen Frucht
Und seinen Obersten Herren mit Zucht
Dreysig Tage[2] sie in Freuden lebten
Darnach Alexander do dannen strebten.
Und kam in Babilon in die Stadt,
Seine Herren machten einen Rath
Wie sie mit Gifft ihm umme brächten,
Die Lande so brächten zu ihren Geschlechten.
Antipater was der Hauptmann ein
Drey Söhne er hatte gar schön und rein
Cassander Philippus Jolba (Tolla) genant
Die Credentzen dem Könige aus ihrer Hand.
Sein oberster Artz hiess Thessalus
Der lud den König in sein Huss
Ein Gifft er zuricht solcher Krafft
In keinem Metall möcht werden behafft,
Allein ein Pferdes-Hufft könte das halten,
Beybrachten das dem König zu unsalten,[3]
Von Stund an als er den Trunck gethan
Ihn bedaucht ihn hätte ein Strahl durchgahn
Auf den höchsten Berg der Stadt gar eben
Da wolte er nehmen ein Ende seines Leben.
Seine Herren und Ritter gross und kleine
Er gesegnet gar freundlich in gemeine
Und befohl ihn auch aus milder Arth
Ihren Eltern u. Freunden ein glückseelig Fahrt.
Seine Tugend er auch am Ende gar milde
Beweiset als zimbt einem treuen Hilde,
Sie fragten wer nach ihm solt walten
Unter seinen Söhnen jung oder alten
Er sprach mein Kind, dich wähl ich nicht
Unter euch den besten hält Königl. Pflicht.
So lag er biss in den sechsten Tag
Bis dass dem Helde seine Stimme erlag,
Da gab er seinen Daumen-Ring reine
Perdiciæ dem Fürsten, da ward gemeine
Erhaben ein Hass unter allen Herren
Umb die verlassen Land sich hub ein Zerren.
Ein jeglicher wolte ein Stücke haben,
Da schlugen sich todt die truen Knaben.
Unter einander keiner länger wolte harren
Das weissaget der König am Leben den Narren
Dass sie von solcher Untreu wegen
Begängniss mit ihrem Blute solten pflegen.
Die Zeit da flohe solch Ungemach
Einer der Herren und fürchte die Rach Anthyrius
Der nahm mit sich eine grosse Schaar
Die wurden genant Obetriten fürwahr
Das ist in Grichischer Sprache, harde,[4]
So viel gesagt die bunte[5] Garde, Obetritarum etymon.
Und kahmen erst an diesen Ort
Ein Ochsen-Kopff ward ihr Schild do fort.

Das II. Capitel.
Woher dann der Ochsen-Kopff kommen.

DEn Ochsen-Kopff führte die Schaare do alle, Bucephalus Alexandri.
Aus Alexander Gedächtniss und Schalle.
Denn er ein Pferd hatte Bucephalus genant
Das hatte ein Ochsen-Kopff wohl bekandt
Und dazu fornen Menschen-Füsse
Menschen-Fleisch dat schmeckt em süsse,
Sonst ass er nichts, das gab man ihm gnug
Derjenen, die verdient den Todt mit Unfug.


  1. Curt. libr. 6. cap. 5.
  2. alii 13.
  3. i. e. zum Unsegen, zum Unglück. Salt apud veteres Salus. Unsalt, i. e. infelicitas, unde unsalig, selig, i. e. unglücklich, seelig. Vide infra.
  4. Cohors, horde, garde.
  5. Alii Obetritas, Abotritas, Obytridas, Obdoritas dictos volunt a fluvio Oby Russorum, alii ab Abderitis, populis Thraciae. Nonnullis placet etymon Abendreuter, Abendstreifer. Alii iterum legere malunt Abotrita, Abdruta, ein Abgetretener. Rectius a Slavico Obtrit, Obtrite, tersus, deterere, detersus i. e. sauber, gesäubert; Der Ausschuss, die Leibgarde, vel si mavis, gens moratior. Fuse de his Vocibus in Antiquitatibus nostris Mecklenburgicis c. i.

Anmerkungen Wikisource

  1. Alexander der Grosse - König von Makedonien
  2. Text nach Google.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 565. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_565.jpg&oldid=- (Version vom 24.7.2023)