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Das XIII. Capitel.
Von der Verbündniss, die die Obetriten haben gehabt mit dem Reiche, das nun Franckreich heist, ehe es noch Franckreich geheissen, vor dem grossen Carolo, als sie noch Galli hiessen.

VIel Jahr vor Carolo Kayser werth Obotritarum Foedera cum Francis.
Welchem der Frantzosen Reich beschert,
Welcher erst aus Orient das Römische Reich
Her wieder gebracht an Teutschland gleich.
So hatten der Obetriten König
Mit den Gallen alte versöhnlich
Das schreibt Kayser Carol ihnen selbst nach
In dem Buch, das Ludwig sein Sohn ersach,
Er hat auch ihnen bey seinen Zeiten
Geholffen wieder ihre Feinde streiten.
Als ihre Nachtbahren sie alle befielen
Die Obetriten thaten Bohtschafft wielen
Gegen Franckreich zu Carol dem werthen Mann,
Der nahm die Bothschafft würdig an,
Darum sie waren der alte Bund
Der Gallen und sprach do zu der Stund
Ihr sollet frölich ziehen nach Hauss
Und folgte ihnen balde und machte sich aus
Mit grossem Schaar in Obetriten Land
Und verjagte ihre Feinde mit seiner Hand
Auch verschafft so viel der theure Hild
Nicht solten kehren ihren Schild
Die Feinde mehr über Obetriten
Dem alten Bund mit Raub und Striten.
Man findet auch Anzeige, dass
Er jung in König Oritbertus Hofe was,
Und als er der Sachsen Streit vorwahr
Umb den Glauben gab 33. Jahr
Die Obetriten Heyden waren und wilde
So begriff er doch mit seinem Schilde
Nie der Obetriten Reich,
Vielleicht beschehen darum gleich,
Er wolt den Bund nicht brechen vor allen
Den sie vor ihm hatten mit den Gallen.
Er beschreibt selbst des Landes Ort
Darumb will ichs sagen fort.

Das XIV. Capitel.
Von Gelegenheit des Landes, das etwan Obetritae, und nun die von Mecklenburg heissen, mit den Fürstenthumb die darin gehören, und mit daran sind.

OBetriten liegen hart an der Trabe Situs regionis.
Die gehet von Lübeck nach Meere hinabe
Zwischen dem Oder und Elben breit
Von Mitternacht an das Meer geleit
Den Mittag nimmt die Elbe fin,
Der Aufgang Pommern und Stettin,
Von dem Abend die Regnitz und Trabe
Die Ratzeburger stossen auch dar abe
Nach Gadebusch da was alt Radegast
Anzeiget, das Wasser die Stadt macht fast,
Das heist nach Radegast sünder Spott
Der Nahme kömt von ihrem Gott
Entspringet ein halb Meile lang
Ueber die Stadt der Anfang.
Der Wismar gegnet an dem Meere
Da liegt die Stadt, die suchen sehre.
Die Schiffer nach der Mitternacht
Zu schiffen ist sie wohl bedacht
Hart dabey da liegt auch Poele
Die Insel hat der Hafen viele,
Mecklenburg etwa lag an der Seite
Und war wohl fünff Meil Weges breite,
Nu ist es gantz verstöhrt und wilde
Die Gelegenheit man schauet mit ihrem Gefilde,
Der Seiten nach dem Aufgang wart,
Da liegt Rostock hübsch und zart,
Auch an dem Meer, da schifft man abe
Gegen Dennemarck nach der Dänischen Habe
Nach Rostock da liegen eben gleich
Lutitii[s 1], das ist ein altes Reich
Getheilet in vier Volck nach der Aelt
Zwey sind über die Peene gestält
Das ist Stargardt, und die von Rhete[s 2]
Die alte Stadt ist nun nicht mete,
Nien Brandenburg das ist bass bekant
Zwey Volck liegen an der Peen genant
Die Kyssiner[s 3] und ihre Mitgenossen
Welch von der Peen gantz an sie stossen Circipaner.
Von Malchin kömt man auf Wahren
Nach Taterau[s 4] und Güstrau sonder fahren
Da hebet sich an das Wendisch Land
Do Sternberg liegt gantz wohl bekand
Darnach so folget auf der Seite
Plaue und Lübs, do dannen nicht weite
Parchim stösset an die Thür
Den Gabelheiten wird ihr Leben führ, Gabelheider Wenden.
Die sind allein der Sprache nach Wenden
Die verstreuet zu manchen Enden
Dieselbige haben Gewohnheit alt
Wann jemand ward vom Tode kalt
Sie folgen ihn mit Gesange zu graben
Zuletzt muss er einen Ehrentrunck haben Eorum mores.
Den Giessen sie ihm woll in die Gruben.
Im Sommer so lauffen sie üm ihre Huben
Wohl über ihr Feld mit grossem Sange
Ihr Pucken sie schlan mit einer Stange,
Die Pucke von eines Hunds-Haut zwar
Sie machen sie zu mit Haut und Haar.
Und meinen so weit die Laut erklingt
Ihr Regen und Donner nicht Schaden bringt.
Ihr Priester ist der erste in Reihen
Der tritt ihm vor dem Tantz in Meyen
Wendischer Sitt ist ihm bekant
Jetzo ist er Sclavasco genant.
Der Wasser haben Obetriten genug,
Viel hundert See ist ihr Gefug
Die Stepnitz Elde und Havel zuvorn,
In Stargard da entstehet ihr Born.
Die Süde laufft über die Gabelheyde
Mit der Schaal kommen in die Elbe beyde.
Warnau fliest von Werla dan
Dem Schloss nach Rostocker Bahn.
Der grösten See ist einer Plaue
Daran so stossen 12. Städte genaue,
Schwerin ich halte vor die Crone, (Schwerinum)
Das Schloss ümbfleust ein See, ist schone.
Von dreyen Meylen ist er lang
Im Meyen umb ihn viel Vogelgesang
Und wo in vor Zeiten gewohnet han
Die Wenden, da sind nun ander Mann.
Umb Mecklenburg der Flemmige grosse Macht Teutsche Colonien in Wenden-Land.
Ihr Hauptmann der Zeit der heiss da Schacht,
Westphalen, Jülichr und von der Maass


Anmerkungen Wikisource

  1. Lutizen - loser Bund einiger nordwestslawischer Stämme, welche im Mittelalter den Südosten des heutigen Mecklenburg-Vorpommern und den Norden des heutigen Brandenburg bevölkerten.
  2. Rethra
  3. Kessiner - Teilstamm der slawischen Lutizen
  4. Teterow
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 573. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_573.jpg&oldid=- (Version vom 28.12.2021)