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mir unter diesen Umständen wahrlich nicht zu verargen, wenn ich ein zweites Mal ein Ehemann würde.

August. Werden Sie das, mein Vater!

Graf. Daß Du mir dazu räthst, das ist doch seltsam! Wünschest Du Dir eine Stiefmutter?

August. Eine Gefährtin Ihres Lebens wünsch’ ich Ihnen, welche die leergewordene Stelle in Ihrem Hause wieder füllt, die Ihnen die mangelnde Tochter, den abwesenden Sohn ersetzt, an deren Seite Sie noch einmal jung und fröhlich werden.

Graf. Wenn Du Dich der Sache mit solcher Wärme annimmst, so könnt’ ich Dir sagen, daß bereits Aussichten – Wünsche –

August. Auch Sie, mein Vater, hätten Aussichten, Wünsche? – und mich, der ich noch jung bin, in den Jahren, wo die Pulse fliegen, das Herz verdoppelt schlägt – mich wollten Sie tadeln, daß ich eine Wahl getroffen habe, über welche die Liebe für mein Leben entschieden hat?

Graf. Du wähltest nur zu frühe, und dennoch könnt’ ich mich nur freuen, wenn Du gut gewählt hättest, wenn Du mir eine brave Schwiegertochter nach meinem Sinn in das Haus brächtest, ein Paar Jahre später muntere Enkel. – Wär’ ich dann auch selbst kein Ehemann mehr, so freut’ ich mich an Deinem Glück; aber daß Du Dich in eine Coulissen-Heldin verliebtest –

August. Nennen Sie das Wort nicht! Sie machen mir das Blut in die Wangen steigen. – „Coulissen-Heldin!“ – Sie leben hier in der Einsamkeit Ihrer Wälder und Forsten, kommen aus Grundsatz nicht in die Residenz, hassen die neuesten Journale, studiren in Ihrer Bibliothek das Siècle de Louis quatorze – da können Sie freilich nicht wissen, mit welcher Liebe und Verehrung man unsern Künstlern jetzt begegnet, sonst wüßten Sie auch, daß solch ein Wort wie „Coulissen-Heldin“ veralteter ist als die Schleppröcke und Puder-Coiffüren des vorigen Jahrhunderts.

Graf. Wie Du Dich ereiferst, und wirst mich doch nicht für die Schauspieler gewinnen!

August. Es gab eine Zeit, wo Rousseau sie angreifen durfte, aber sie ist vorüber. Sie liegt uns fern, wie das graue Alterthum. Wir leben in einer Zeit, wo die Kunst nur noch einen Tempel auf Erden hat, einen lebendigen Tempel, der

Empfohlene Zitierweise:
Clementine Schrader: Der Hohlweg. Lustspiel in einem Akt. Vereins-Buchhandlung, Berlin 1843, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clementine_Schrader_-_Der_Hohlweg_(1843).pdf/5&oldid=- (Version vom 28.5.2023)