Seite:Corrodi-Fabeln und Bilder.djvu/63

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


          45. Die Ameise.

Kind. Hast da eine schwere Last,
          Ist gewiß noch größer fast,
          Als du selbst, du kleines Thier,
          Mußt dabei erliegen schier.

5
          Laß mich sie ein wenig tragen,

          Oder was hast du zu sagen?

Ameise. Dank dir, Kind, für deine Güte,
          Hast ein freundliches Gemüthe!
          Aber sieh’, ich trage gern,

10
          Daß ich’s immer besser lern’.

          Keiner ist zurückgeblieben,
          Der will seine Kräfte üben.


          46. Das Röslein.

Knabe. Wollte dich so gerne brechen,
          Und jetzt kannst du mich noch stechen,
          Röslein, das ist gar nicht schön,
          So läßt man dich lieber steh’n.

5
Röslein. Thut mir leid, du lieber Knabe,

          Aber daß ich Dörnlein habe,
          Das ist ja nicht meine Schuld,
          Sei nicht böse, hab’ Geduld!
          Mußt nur recht vorsichtig sein,

10
          Dann mach’ ich dir keine Pein.


Knabe. Gut gesprochen, Röslein, gut,
          Komm’, und sitz auf meinen Hut!

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm August Corrodi: Fünfzig Fabeln und Bilder aus der Jugendwelt. Zürich 1876, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Corrodi-Fabeln_und_Bilder.djvu/63&oldid=- (Version vom 17.8.2016)