Seite:DE Stirner Schriften 038.jpg

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wie so Viele des großen Segens sich selbst berauben, den die wahre Ruhe, die Ruhe von irdischen Mühen und Sorgen, die Erhebung der Seele zu Gott an einem bestimmten, von Gott dazu festgesetzten Tage, uns gewährt. Ohne einzelnen Ständen hier besonders nahe treten zu wollen, lasset uns nur daran denken, wie die Reicheren und Vornehmeren ihre oft bis an den Sonntagmorgen dauernden Vergnügungen jetzt vorzugsweise auf den Abend des Sonnabends verlegen und sich dadurch für jede ernste, heilige Beschäftigung am Sonntag Vormittag unfähig machen; wie so viele Beamte einen Theil ihrer Geschäfte besonders gern am Sonntag Vormittag besorgen; wie so viele Gewerbtreibende und Handwerker öffentlich und in ihren Werkstätten den halben Sonntag wenigstens arbeiten und erst am Nachmittage ruhen, wie man in allen Berufs- und Erwerbszweigen gern wenigstens Nebenarbeiten am Sonntage abmacht; wie das Kaufen und Verkaufen am Sonntage zu allen Stunden fortgeht, außer wo die Obrigkeit es strenge ahndet. Welch ein trauriges Beispiel giebt Berlin hierin den nächsten Dörfern und kleinen Städten, deren Einwohner, weil sie wissen, daß man hier ungescheut am Sonntage Handel und Verkehr aller Art treibt, gerade an diesem Tage früh Morgens so zahlreich der Hauptstadt zuströmen, während die Gotteshäuser in den umliegenden Ortschaften leer stehen! Welch ein Aergerniss geben unsere Christen den Juden in unserer Mitte, die, so lange noch eine Spur von Gottesfurcht in ihnen ist, ihren Sabbath nie auf solche Weise entheiligen! Und welch ein tiefer Schmerz ist es besonders uns, Euren Seelsorgern, denen Ihr Eure Kinder zur Confirmation anvertraut, wenn wir diesen im Unterrichte das dritte Gebot einschärfen sollen, zu dessen Uebertretung so häufig das Beispiel der eigenen Eltern[1] und der nächsten Umgebung im Hause sie verleitet; oder wenn wir sehen, wie Lehrlinge und Gehülfen aller Art fast allgemein Sonntags Vormittags, ja bis in die späteren Nachmittagsstunden


  1. WS: Vorlage: Etern
Empfohlene Zitierweise:
Max Stirner: Gegenwort aus Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. Berlin 1914, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)