Seite:DE Stirner Schriften 275.jpg

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ein anderer Mensch zu werden, selbst etwas aus sich zu machen, um sie dadurch zu verdienen: das fällt ihm nicht ein, wie er ist, so ist er. Das eben macht ihn so verächtlich, dass keine Selbstgestaltung und Selbstbestimmung an ihm zu entdecken ist.

Ganz anders der Liebende. Die Selbstsucht ändert den Menschen nicht, die Liebe macht einen andern Menschen aus ihm. „Seit er liebt, ist er ganz andrer Mensch geworden“ pflegt man zu sagen. Aber er macht als Liebender auch wirklich selbst etwas aus sich, indem er Alles an sich tilgt, was dem Geliebten widerspricht; willig und hingebend lässt er sich bestimmen, und durch die Passion der Liebe umgewandelt, richtet er sich nach dem Andern. Sind in der Selbstsucht die Gegenstände nur für mich da, so bin ich in der Liebe auch für sie: wir sind für einander.

Ueberlassen wir jedoch die Selbstsucht ihrem Schicksal und vergleichen wir lieber die Liebe mit der Selbstbestimmung oder Freiheit. In der Liebe bestimmt sich der Mensch, gibt sich ein gewisses Gepräge, wird zum Schöpfer seiner selbst. Allein er thut das Alles um eines Andern, nicht um seinetwillen. Die Selbstbestimmung ist noch abhängig von dem Andern: sie ist zugleich Bestimmung durch den Andern, ist – Passion: der Liebende lässt sich bestimmen, bestimmen durch den Geliebten.

Der freie Mensch dagegen bestimmt sich weder durch noch für einen Andern, sondern rein aus sich; er vernimmt sich und findet in diesem Selbstvernehmen den Antrieb zur Selbstbestimmung: nur sich vernehmend, handelt er vernünftig und frei. Es ist ein Unterschied, ob man durch einen Andern oder durch sich bestimmt wird, ob man ein Liebevoller ist oder ein Vernünftiger. Die Liebe lebt von dem Grundsatze, daß Jeder, was er thut, um des Andern willen thue, die Freiheit von dem, daß er es um seinetwillen thue; dort treibt mich die Rücksicht auf