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Nicht daß Er – was nicht sein kann – selbst gewönne,[1]

Nein, daß der Glanz von seiner Herrlichkeit
Im Wiederglanz „Ich bin“ verkünden könne,

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Hat Er, der Ew’ge, außerhalb der Zeit

Sowie des Raum’s, wie’s ihm gefiel, die Gluten


  1. [13–48. Die in dieser Stelle gegebene Belehrung über die Schöpfung der Engel geht an der Hand der drei Fragen von Statten: wo, wann und wie dieselben erschaffen worden seien, V. 46–48. – Indem zunächst V. 13–18 als Grund und Ziel aller Schöpfung nicht etwa ein Bedürfniß Gottes, sondern rein die Offenbarung seiner ewigen Liebe in Geschöpfen und durch Geschöpfe vorangestellt wird, (Fegf. 17, 91), ist hiermit die dritte Frage zugleich dahin beantwortet, daß alles, so auch die Engel, ursprünglich gut gewesen sein müssen. – Nun kommt die zweite an die Reihe, V. 16, 17, 19–30, 34–45: wann die Engel erschaffen seien? Antwort: ein Wann giebt es überhaupt erst, seit es eine Schöpfung giebt. Vorher, da Gott noch, außerhalb von Zeit und Raum, in ewiger Selbstgenüge und reiner Gegenwart lebte, war weder ein „Vorher“, noch „Nachher“; daher auch davon, ob oder was Gott vorher gewirkt habe, ebensowenig geredet werden kann, wie davon, daß er vorher „müßig, wie erstarrt“ gewesen sei V. 16–21. Als aber die Schöpfung geschah, erfolgte sie simultan in einer dreifachen, zugleich entstehenden und vollkommenen Geschöpfe-Reihe. Diese bestand 1) aus den rein geistigen Geschöpfen, den Engeln, welche D. „reine Form“ nennt; 2) aus den rein körperlichen, der Natur, was D. „reinen Stoff“ bezeichnet; 3) aus den geistig-körperlichen, den Menschen, welche „Stoff und Form stets verbunden“ zeigen V. 22–24. 36. (7, 145 ff.). Zugleich miteinander, wie ein Strahl, der durch Glas bricht, traten jene dreierlei Geschöpfe in’s Dasein V. 24–30. Und zugleich hiermit war ihnen auch ihre Ordnung und Daseinsweise eingeprägt: den einen auf der höchsten Stufe die reine Thätigkeit, den andern auf unterster Stufe die blose Empfänglichkeit oder „Fähigkeit“ (vgl. hierzu die Theorie des Weltlaufs in Parad. Ges. 2, 112–144; Ges. 1, 103–141 u. Anm.), der dritten Art in der Mitte eine Verbindung von beiden (vgl. die Theorie in Fegf. 16, 70 ff.; 18, 19 ff.; Ges. 25 V. 31–36.) Des Hieronymus’ Ansicht von der gesonderten Erschaffung der Engel, lange vor unsrer Welt, erscheint somit durch die bisherigen Aufstellungen widerlegt, welch’ letztere D. ebenso in der h. Schrift (Sirach 18, 1 nach der Vulgate; 1. Mos. 1, 1), wie in der Vernunft begründet erachtet. Denn da die Engel die Sphären zu lenken haben (28, 78, Anm.; u. ö.), so können sie nicht ohne diese existirt haben – V. 37–45. – Was endlich die erste der drei Fragen betrifft, so erscheint sie nur kurz in V. 32 berührt, sofern dort die Worte „sie wurden der Gipfel der Welt“ dasselbe andeuten, was die damalige theologische Ansicht war, daß nämlich die Engel im Empyreum geschaffen worden seien.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 576. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_576.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)