Seite:Dante Prosa 171.gif

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diese schönheitsstralende Frau war ungeachtet ihrer Gewalt und Herrlichkeit nicht mehr und nicht minder als eine jener immagini false, deren Verehrung Dante am Eingang des Paradieses vor der beseligenden Liebe seines Geistes abzubüßen hatte u. s. w.“


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Dante an den Herrn Marcello, Markgrafen von Malaspina.

     Damit dem Gebieter die Bande seines Dieners nicht verborgen bleiben, des durch das Gefühl obwaltender edler Uneigennützigkeit ihm gewordenen Dieners, und damit nicht andre und andre Berichte, welche oft die Aussaat falscher Meinungen zu sein pflegen, den Gefangenen der Läßigkeit zeihen, gefiel es mir, die Reihe beiliegender Eingebungen den Augen Eurer Herrlichkeit vorzulegen.

     Denn als ich von der Schwelle des sofort von mir vermißten Fürstenhofes mich getrennt hatte (wo, wie Ihr oft mit Verwunderung sahet, freien Beschäftigungen zu folgen mir vergönnt war) und sorglos und sonder Ahnung kaum die Ufer des Arno betrat, da plötzlich, ach, erschien mir ein Weib, wie ein Blitz herabfahrend; ich weiß nicht wie, meinen Vorbedeutungen von allen Seiten her an Sitte und Gestalt angemessen. O wie betäubt war ich bei ihrer Erscheinung. Aber die Betäubung wich dem Schrecken eines nachfolgenden Donners. Denn gleichwie den täglichen Wetterleuchtungen sofort Donner nachfolgen, so faßte mich bei dem Anblick der Flamme dieser Schönheit die furchtbare und gebieterische Amor. Und dieser Wüterich, gleichwie ein aus dem Vaterlande vertriebener Besitzer, wenn er nach langer Verbannung zur Heimat kehrt, er vernichtete, verjagte, fesselte alles in meinem Innern, was ihm widerwärtig gewesen war. Er vernichtete, sage ich, jenen löblichen Entschluß, vermöge dessen ich den Frauen und ihrer Besingung entsagte, und

Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_171.gif&oldid=- (Version vom 7.5.2020)