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der Vierhänder, Fleischfresser u. s. w. Neuerdings sind viele unserer besten Naturforscher zu der zuerst von Linné, der so merkwürdig wegen seines Scharfsinns war, ausgesprochenen Ansicht zurückgekehrt und haben den Menschen in eine und dieselbe Ordnung mit den Quadrumanen unter dem Titel der Primaten gebracht. Die Richtigkeit dieser Folgerung wird zugegeben werden, wenn man an erster Stelle die soeben gemachten Bemerkungen über die vergleichsweise geringe Bedeutung der grossen Entwickelung des Gehirns beim Menschen für seine Classification im Auge behält und wenn man sich ferner daran erinnert, dass die scharf ausgesprochenen Verschiedenheiten zwischen den Schädeln des Menschen und der Quadrumanen, welche neuerdings von Bischoff, Aeby und Anderen hervorgehoben worden sind, offenbar Folge ihrer verschieden entwickelten Gehirne sind. An zweiter Stelle müssen wir uns aber erinnern, dass fast alle die anderen und bedeutungsvolleren Verschiedenheiten zwischen dem Menschen und den Quadrumanen offenbar ihrer Natur nach adaptiv sind und sich hauptsächlich auf die aufrechte Stellung des Menschen beziehen. Dahin gehört die Bildung seiner Hände, seines Fusses und Beckens, die Krümmung seines Rückgrats und die Stellung seines Kopfes. Die Familie der Robben bietet eine gute Erläuterung für die geringe Bedeutung adaptiver Charactere in Bezug auf die Classification dar. Diese Thiere weichen von allen andern Fleischfressern in der Form ihres Körpers und in der Bildung ihrer Gliedmaassen viel mehr ab, als der Mensch von den höheren Affen abweicht; und doch werden in den meisten Systemen, von dem Cuvier’s bis zu dem neuesten von Mr. Flower,[1] die Robben als eine blosse Familie in der Ordnung der Carnivoren angesehen. Wäre der Mensch nicht in der Lage gewesen, sich selbst zu classificiren, so würde er niemals auf den Gedanken gekommen sein, eine besondere Ordnung zur Aufnahme seiner selbst zu errichten.

Es würde über die mir gesteckten Grenzen und auch völlig über meine Kenntnisse gehen, die zahllosen Bildungsverhältnisse auch nur namentlich anzuführen, in welchen der Mensch mit den andern Primaten übereinstimmt. Unser grosser Anatom und Philosoph, Professor Huxley, hat diesen Gegenstand ausführlich erörtert[2] und ist zu dem Schlusse gekommen, dass der Mensch in allen Theilen seiner Organisation


  1. Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 4.
  2. Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Uebers. S. 79 und an andern Orten.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/207&oldid=- (Version vom 31.7.2018)