und sie ist auch ohne Zweifel eine unterbrochene. So ist der Orang, wie Mr. St. George Mivart bemerkt,[1] „eine der eigenthümlichsten und aberrantesten Formen, die sich in der ganzen Ordnung finden lässt“. Die übrigen, nicht anthropomorphen Affen der alten Welt werden ferner von einigen Zoologen in zwei oder drei kleinere Untergruppen getheilt. Die Gattung Semnopithecus mit ihrem eigenthümlich zusammengesetzten Magen bildet den Typus der einen dieser Untergruppen. Es scheint aber aus den wunderbaren Entdeckungen Mr. Gaudry’s in Griechenland hervorzugehen, dass dort während der Miocenperiode eine Form existirte, welche Semnopithecus und Macacus verband, und dies erläutert wahrscheinlich die Art und Weise, in welcher die andern und höheren Gruppen einst mit einander zusammenhiengen.
Wird zugegeben, dass die anthropomorphen Affen eine natürliche Untergruppe bilden, so kann man auch schliessen, dass irgend ein altes Glied dieser anthropomorphen Untergruppe dem Menschen Entstehung gegeben habe. Denn der Mensch stimmt mit ihnen nicht bloss in allen denjenigen Merkmalen überein, welche er mit der ganzen Gruppe der Catarhinen in Gemeinschaft besitzt, sondern auch in andern eigenthümlichen Characteren, so in der Abwesenheit eines Schwanzes und der Gesässschwielen und in der ganzen äusseren Erscheinung. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ein Glied einer der andern niederen Untergruppen durch das Gesetz analoger Abänderungen ein menschenähnliches Geschöpf, welches den höheren anthropomorphen Affen in so vielen Beziehungen gleicht, hätte entstehen lassen können. Ohne Zweifel ist der Mensch im Vergleich mit den meisten seiner Verwandten einem ausserordentlichen Betrage von Modifikation unterlegen, und zwar hauptsächlich in Folge seines bedeutend entwickelten Gehirns und seiner aufrechten Stellung. Nichtsdestoweniger dürfen wir nicht vergessen, dass er nur „eine der verschiedenen exceptionellen Formen der Primaten ist“.[2]
Jeder Naturforscher, welcher an das Princip der Entwickelung glaubt, wird zugeben, dass die beiden Hauptabtheilungen der Simiaden, nämlich die catarhinen und platyrhinen Affen mit ihren Untergruppen, sämmtlich von einem äusserst weit zurückliegenden alten Urerzeuger ausgegangen sind. Die frühen Nachkommen dieses Urerzeugers werden,
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)