Zum Inhalt springen

Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/299

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Affen ist über diesen Punkt nur wenig bekannt, aber manche Species sind streng monogam. Die Wiederkäuer sind ganz ausserordentlich polygam und sie bieten häufiger geschlechtliche Verschiedenheiten dar, als vielleicht irgend eine andere Gruppe von Säugethieren, besonders in ihren Waffen, aber gleichfalls in anderen Merkmalen. Die meisten hirschartigen, rinderartigen Thiere und Schafe sind polygam, wie es auch die meisten Antilopen sind, obgleich einige der letzteren monogam leben. Sir Andrew Smith erzählt von den Antilopen in Südafrica und sagt, dass in Heerden von ungefähr einem Dutzend selten mehr als ein reifes Männchen sich findet. Die asiatische Antilope Saiga scheint der ausschweifendste Polygamist in der Welt zu sein; denn Pallas[1] gibt an, dass das Männchen sämmtliche Nebenbuhler forttreibt und eine Heerde von ungefähr Hundert um sich sammelt, welche aus Weibchen und Kälbern besteht. Das Weibchen ist hornlos und hat weichere Haare, weicht aber in anderer Weise nicht viel vom Männchen ab. Das wilde Pferd der Falklandinseln und der westlichen Staaten von Nordamerica ist polygam; mit Ausnahme der bedeutenderen Grösse und der Verhältnisse des Körpers weicht aber der Hengst nur wenig von der Stute ab. Der wilde Eber bietet in seinen grossen Hauern und einigen andern Characteren scharf markirte sexuelle Merkmale dar. In Europa und in Indien führt er mit Ausnahme der Brunstzeit ein einsames Leben, aber um diese Zeit vergesellschaftet er sich in Indien mit mehreren Weibchen, wie Sir W. Elliot annimmt, welcher reiche Erfahrung in der Beobachtung dieses Thieres besitzt. Ob dies auch für den Eber in Europa gilt, ist zweifelhaft, doch wird es von einigen Angaben unterstützt. Der erwachsene männliche indische Elephant bringt, wie der Eber, einen grossen Theil seiner Zeit in Einsamkeit hin; aber wenn er sich mit andern zusammenthut, so findet man, wie Dr. Campbell angibt, „selten mehr als ein Männchen mit einer grossen Heerde von Weibchen“. Die grösseren Männchen treiben die kleineren und schwächeren fort oder tödten sie. Das Männchen


  1. Pallas, Spicilegia Zoologica. Fascic. XII. 1777, p. 29. Sir Andrew Smith, Illustrations of the Zoology of South Africa. 1849, pl. 29 über den Kobus. Owen gibt in seiner Anatomy of Vertebrates, Vol. III. 1868, p. 633, eine Tabelle, welche unter Anderem auch zeigt, welche Arten von Antilopen in Heerden leben.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/299&oldid=- (Version vom 31.7.2018)