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erlangt hat, dass seine Vorfahren viele Generationen hindurch mit andern Männchen gekämpft haben. In den meisten Ordnungen der Crustaceen, und besonders in der höchsten, der der Brachyuren, ist das Männchen grösser als das Weibchen; dabei müssen indessen die parasitischen Gattungen, wo die beiden Geschlechter verschiedene Lebensweisen haben, und die meisten Entomostraken ausgenommen werden. Die Scheeren vieler Crustaceen sind Waffen, welche für einen Kampf wohl geeignet sind. So sah ein Sohn des Mr. Spence Bate, wie eine Krabbe, Portunus puber, mit einer andern, Carcinus maenas kämpfte, wobei es nicht lange dauerte, bis die letztere auf den Rücken geworfen und ein Bein nach dem andern vom Körper losgerissen wurde. Wenn mehrere Männchen eines Brasilianischen Gelasimus, einer mit ungeheuren Scheeren versehenen Art, von Fritz Müller zusammen in ein Glasgefäss gethan wurden, so verstümmelten und tödteten sie sich gegenseitig. Mr. Bate brachte ein grosses Männchen von Carcinus maenas in einen Trog mit Wasser, welchen bereits ein Weibchen bewohnte, das sich mit einem kleineren Männchen verbunden hatte; das letztere wurde sehr bald aus dem Besitze vertrieben. Mr. Bate fügt aber hinzu: „wenn sie um den Besitz kämpften, so war der Sieg ein unblutiger; denn ich sah keine Wunden“. Derselbe Naturforscher trennte einen männlichen Sandhüpfer, Gammarus marinus, der so gemein an den Englischen Küsten ist, von seinem Weibchen, welche beide in einem und demselben Gefässe mit vielen andern Individuen derselben Species in Gefangenschaft gehalten wurden. Das hierdurch geschiedene Weibchen begab sich bald in die Gesellschaft seiner Kameraden. Nach einiger Zeit wurde das Männchen wiederum in dasselbe Gefäss gebracht, und nachdem es eine Zeit lang herumgeschwommen war, stürzte es sich mitten in die Menge und holte sich sofort ohne irgend einen Kampf sein Weibchen wieder. Diese Thatsache beweist, dass bei den Amphipoden, einer in der Stufenreihe so tief stehenden Ordnung, die Männchen und Weibchen einander erkennen und eine gegenseitige Anhänglichkeit besitzen.

Die geistigen Fähigkeiten der Crustaceen sind wahrscheinlich höher, als auf den ersten Blick wahrscheinlich zu sein scheint. Jeder, der versucht hat, eine der Uferkrabben, welche an vielen tropischen Küsten so gemein sind, zu fangen, wird wahrgenommen haben, wie schlau und alert sie sind. Es gibt eine grosse Krabbe, Birgus latro, welche sich auf Corallen-Inseln findet und sich auf dem Grunde einer


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/367&oldid=- (Version vom 31.7.2018)