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kirschroth beschrieben, während das Weibchen grosse wolkige Flecke von Braun und Grau hat und „das Roth an ihm viel weniger lebhaft ist als bei dem Männchen“.[1] Wir dürfen wohl vermuthen, dass in diesem Falle geschlechtliche Zuchtwahl in Thätigkeit war. Nach Mr. Bert's Beobachtungen über Daphnia, wenn dieses Thier in ein durch ein Prisma erleuchtetes Gefäss gethan wird, haben wir Grund zu glauben, dass selbst die niedrigsten Crustaceen Farben unterscheiden können. Bei Saphirina (einer oceanischen Gattung von Entomostraken) sind die Männchen mit sehr kleinen Schildern oder zellenähnlichen Körpern versehen, welche wunderschöne schillernde Farben darbieten; diese Gebilde fehlen bei den Weibchen, und bei einer Art fehlen sie beiden Geschlechtern.[2] Es wäre indessen ausserordentlich voreilig, zu schliessen, dass diese merkwürdigen Organe dazu dienen, bloss die Weibchen anzuziehen. Wie mir Fritz Müller mitgetheilt hat, ist bei den Weibchen einer brasilianischen Art von Gelasimus der ganze Körper nahezu gleichförmig gräulich-braun. Beim Männchen ist der hintere Theil des Cephalothorax rein weiss, der vordere Theil dagegen gesättigt grün und in dunkelbraun abschattirend; dabei ist es merkwürdig, dass diese Farben sich leicht im Laufe nur weniger Minuten verändern, — das Weiss wird schmutziggrau oder selbst schwarz und das Grün „verliert viel von seinem Glanze“. Es verdient noch besondere Beachtung, dass die Männchen ihre glänzenden Farben nicht vor der Reifezeit erhalten. Sie scheinen viel zahlreicher als die Weibchen zu sein; auch weichen sie von diesen in der bedeutenderen Grösse ihrer Scheeren ab. Bei einigen Species der Gattung, wahrscheinlich bei allen, paaren sich die Geschlechter und die Paare bewohnen je eine und dieselbe Höhle. Sie sind auch ferner, wie wir gesehen haben, hoch intelligente Thiere. Nach diesen verschiedenen Betrachtungen scheint es wahrscheinlich zu sein, dass bei dieser Art das Männchen mit muntern Farben verziert worden ist, um das Weibchen anzuziehen oder anzuregen.

Es ist eben angegeben worden, dass der männliche Gelasimus seine auffallenden Farben nicht eher erreicht, als bis er reif und nahezu bereit ist, sich zu paaren. Dies scheint mit den vielen merkwürdigen Verschiedenheiten der Structur zwischen beiden Geschlechtern die allgemeine


  1. Ch. Fraser, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 8. Ich verdanke der Freundlichkeit des Herrn Bate die Mittheilung von Dr. Power.
  2. Claus, die freilebenden Copepoden. 1863, S. 35.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/369&oldid=- (Version vom 31.7.2018)