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Art kaum von den Knospen an den Lindenstämmen, welche dies Insect aufsucht, hätte unterscheiden können.

Einige Arten der Reduviden bringen ein schrillendes Geräusch hervor und bei Pirates stridulus wird angegeben,[1] dass dies durch die Bewegung des Halses innerhalb, der Höhle des Prothorax hervorgebracht werde. Westring zufolge bringt auch Reduvius personatus ein Geräusch hervor. Ich habe aber keinen Grund zu vermuthen, dass dies ein sexueller Character ist, ausgenommen, dass bei nicht socialen Insecten ein lautproducirendes Organ von keinem Nutzen sein kann, wenn es nicht geschlechtliche Rufe hervorbringt.

Ordnung: Homoptera (Zirpen). — Jeder, der in einem tropischen Wald umhergewandert ist, wird über den Klang erstaunt gewesen sein, den die männlichen Cicaden hervorbringen. Die Weibchen sind stumm, wie schon der griechische Dichter Xenarchus sagt: „Glücklich leben die Cicaden, da sie alle stimmlose Weiber haben“. Der von ihnen hervorgebrachte Laut konnte deutlich an Bord des Beagle gehört werden, als dieses Schiff eine viertel englische Meile von der Küste von Brasilien entfernt vor Anker lag, und Capitain Hancock sagt, dass der Laut in der Entfernung von einer englischen Meile gehört werden könne. Früher hielten sich die Griechen, wie es die Chinesen heutigen Tages thun, diese Insecten in Käfigen wegen ihres Gesanges, so dass derselbe für die Ohren mancher Menschen angenehm sein muss.[2] Die Cicadiden singen gewöhnlich während des Tages, während die Fulgoriden Nachtsänger zu sein scheinen. Nach Landois[3] wird der Laut durch die Schwingungen der Ränder der Luftöffnungen hervorgebracht, welche durch einen aus den Tracheen ausgestossenen Luftstrom in Bewegung gesetzt werden; doch wird diese Ansicht neuerdings bestritten. Dr. Powell scheint bewiesen zu haben,[4] dass er durch die Schwingungen einer durch einen speciellen Muskel in Bewegung gesetzten Membran hervorgebracht wird. Beim lebenden Insect kann man während des Stridulirens diese Membran


  1. Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. II, p. 473.
  2. Diese Einzelnheiten sind entnommen aus Westwood's Modern Classification of Insects. Vol. II. 1840, p. 422. s. auch über die Fulgoriden Kirby and Spence, Introduction etc. Vol. II, p. 401.
  3. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. 17. 1867, S. 152-158.
  4. Transact. New Zealand Institut. Vol. V. 1873, p. 286.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/383&oldid=- (Version vom 31.7.2018)