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reicher gefärbt als die Männchen, und dies stimmt nicht mit der gewöhnlichen Regel in Bezug auf die Färbung überein, sobald diese durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden ist.

Eine äusserst merkwürdige Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern vieler Käfer bieten die grossen Hörner dar, welche vom Kopfe, dem Thorax oder dem Schildchen der Männchen entspringen; in einigen wenigen Fällen gehen dieselben von der unteren Fläche des Körpers aus. In der grossen Familie der Lamellicornia sind diese Hörner denen verschiedener Säugethiere ähnlich, wie der Hirsche, Rhinocerose u. s. w., und sind sowohl ihrer Grösse, als ihrer verschiedenartigen Formen wegen wunderbar. Statt sie zu beschreiben, habe ich Abbildungen der Männchen und Weibchen von einigen der merkwürdigeren Formen gegeben (Fig. 17—20). Die Weibchen bieten allgemein Rudimente der Hörner in der Form kleiner Höcker oder Leisten dar, aber einigen fehlt selbst jedes Rudiment davon. Andererseits sind bei den Weibchen von Phanaeus lancifer die Hörner nahezu so gut entwickelt wie beim Männchen und bei den Weibchen einiger anderer Species der nämlichen Gattung und der Gattung Copris nur unbedeutend weniger entwickelt. In den verschiedenen Unterabtheilungen der Familie laufen die Verschiedenheiten in der Structur der Hörner, wie mir Mr. Bates mitgetheilt hat, nicht mit ihren bedeutenderen und characteristischen Verschiedenheiten parallel. So gibt es innerhalb einer und derselben Section der Gattung Onthophagus Species, welche entweder ein einziges am Kopfe stehendes Horn haben, oder zwei verschiedene Hörner.

In beinahe allen Fällen sind die Hörner wegen excessiver Variabilität merkwürdig, so dass eine gradweise angeordnete Reihe sich bilden lässt von den am höchsten entwickelten zu anderen so entarteten Männchen, dass sie kaum von den Weibchen unterschieden werden können. Mr. Walsh[1] fand, dass bei Phanaeus carnifex die Hörner bei einigen Männchen dreimal so lang waren als bei anderen. Nachdem Mr. Bates über hundert Männchen von Onthophagus rangifer (Fig. 20) untersucht hatte, glaubte er, dass er endlich eine Species entdeckt habe, bei welcher die Hörner nicht variirten; und doch erwies eine noch weitere Untersuchung das Gegentheil.

Die ausserordentliche Grösse der Hörner und ihre sehr verschiedene


  1. Proceed. Entomolog. Soc. of Philadelphia. 1864, p. 228.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/400&oldid=- (Version vom 31.7.2018)