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Junonia bietet einen nahezu parallelen Fall dar; denn obgleich die Geschlechter der meisten ihrer Species einander ähnlich sind und satter Färbung entbehren, so ist doch in gewissen Species, wie z. B. bei J. oenone, das Männchen etwas glänzender gefärbt als das Weibchen, und bei einigen wenigen (z. B. J. andremiaja) ist das Männchen von dem Weibchen so verschieden, dass es leicht fälschlich für eine vollständig verschiedene Species genommen werden kann.

Auf einen andern merkwürdigen Fall machte mich im British Museum Mr. A. Butler aufmerksam, nämlich auf die Theclae aus dem tropischen America, bei denen beide Geschlechter nahezu gleich und wundervoll glänzend sind. Bei einer andern Art ist das Männchen in einer ähnlichen prächtigen Weise gefärbt, während die ganze obere Fläche des Weibchens von einem dunklen gleichförmigen Braun ist. Unsere gemeinen kleinen blauen englischen Schmetterlinge der Gattung Lycaena erläutern die verschiedenen Differenzen in der Färbung zwischen den Geschlechtern fast ebensogut, wenn auch nicht in einer so auffallenden Weise, wie die eben genannten exotischen Gattungen. Bei Lycaena agestis haben beide Geschlechter braune, mit kleinen orangenen Augenflecken geränderte Flügel und sind folglich gleich. Bei L. aegon sind die Flügel des Männchens schön blau mit Schwarz gerändert, während die Flügel des Weibchens braun sind mit einem ähnlichen Rande und denen von L. agestis sehr ähnlich. Endlich sind bei L. arion beide Geschlechter von blauer Farbe und nahezu gleich, obschon beim Weibchen die Ränder der Flügel etwas trüber und die schwarzen Flecke deutlicher sind. Und in einer hellblauen indischen Species sind beide Geschlechter einander noch mehr gleich.

Ich habe die vorstehenden Fälle in ziemlichem Detail mitgetheilt, um an erster Stelle zu zeigen, dass, wenn die Geschlechter bei Schmetterlingen von einander abweichen, der allgemeinen Regel nach das Männchen das schönste ist und am meisten von dem gewöhnlichen Typus der Färbung der Gruppe, zu welcher die Art gehört, abweicht. In den meisten Gruppen sind daher die Weibchen der verschiedenen Species einander viel ähnlicher als es die Männchen sind. Indessen sind in einigen Fällen, auf welche ich später noch hinzuweisen haben werde, die Weibchen glänzender gefärbt als die Männchen. An zweiter Stelle sind die obigen Fälle mitgetheilt worden, um es dem Leser klar zu machen, dass innerhalb einer und der nämlichen Gattung die beiden Geschlechter häufig jede Abstufung von gar keiner


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/419&oldid=- (Version vom 31.7.2018)