verschmäht, trotzdem dass andere Arten gierig gefressen wurden. Es ist hierdurch die grosse Wahrscheinlichkeit der Ansicht Mr. Wallace's bestätigt, dass nämlich gewisse Raupen zu ihrem eigenen Besten auffallend gefärbt worden sind, damit sie leicht von ihren Feinden wiedererkannt würden, beinahe nach dem nämlichen Grundsatze, wie die Apotheker gewisse Gifte zum Besten der Menschen in auffallend gefärbten Flaschen verkaufen. Für jetzt können wir indessen hierdurch die elegante Verschiedenartigkeit der Färbung vieler Raupen nicht erklären. Hätte aber irgend eine Species in einer früheren Zeit ein trübes, geflecktes oder gestreiftes Ansehen erlangt, entweder durch Nachahmung umgebender Gegenstände oder durch die directe Einwirkung des Climas u. s. w., so wird sie beinahe sicher nicht gleichförmig werden, wenn ihre Färbung intensiv und hell geworden war; denn um eine Raupe einfach auffallend zu machen, gibt es keine Zuchtwahl in irgend einer bestimmten Richtung.
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen über Insecten. — Blicken wir zurück auf die verschiedenen Ordnungen, so sehen wir, dass die Geschlechter oft in verschiedenen Merkmalen von einander abweichen in einer Weise, deren Bedeutung nicht im mindesten einzusehen ist. Die Geschlechter weichen auch oft in ihren Sinnes- oder Locomotionsorganen von einander ab, so dass die Männchen schnell die Weibchen entdecken oder erreichen können, und noch öfter darin, dass die Männchen verschiedenartige Einrichtungen zum Halten der Weibchen besitzen, wenn sie sie einmal gefunden haben. Aber geschlechtliche Verschiedenheiten dieser Arten gehen uns hier nur in einem untergeordneten Grade an.
In beinahe allen Ordnungen kennt man Arten, deren Männchen, selbst wenn sie schwächlicher und zarter Natur sind, in hohem Grade kampfsüchtig sind, und einige wenige sind mit speciellen Waffen zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern ausgerüstet. Aber das Gesetz des Kampfes herrscht bei Insecten nicht nahe so weit vor wie bei höheren Thieren. Es ist daher wahrscheinlich aus diesem Grunde, dass die Männchen nur in wenig Fällen grösser und stärker geworden sind als die Weibchen. Im Gegentheil sind sie gewöhnlich kleiner, damit sie sich in einer kürzeren Zeit entwickeln können, um in grösserer Anzahl beim Ausschlüpfen der Weibchen in Bereitschaft zu sein.
In zwei Familien der Homoptern und dreien der Orthoptern besitzen
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/441&oldid=- (Version vom 31.7.2018)