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haben beide Augenflecken auf jeder Seite des Schaftes vollständig entwickelt, aber der innere Augenflecken wird bei den mehr nach aussen gelegenen Schwanzfedern immer weniger und weniger deutlich, bis an der inneren Seite der äussersten Feder ein blosser Schatten oder eine rudimentäre Spur eines Fleckens übrig bleibt. Ferner sind, wie wir gesehen haben, bei P. malaccense die Augenflecken an den Schwanzdeckfedern zusammenfliessend, und diese Federn selbst sind von einer ungewöhnlichen Länge, indem sie zwei Drittel der Länge der Schwanzfedern betragen, so dass in diesen beiden Beziehungen sie den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns ähnlich sind. Bei dieser Species nun sind nur die beiden centralen Schwanzfedern und zwar jede mit zwei hell gefärbten Ocellen verziert, während der innere Augenflecken von allen übrigen Schwanzfedern völlig verschwunden ist. Es bilden folglich die Schwanzdeckfedern und die Schwanzfedern dieser Species von Polyplectron eine bedeutende Annäherung in der Structur und Verzierung an die entsprechenden Federn des Pfauhahns dar.

So weit denn nun das Princip der Abstufung irgend welches Licht auf die Schritte wirft, durch welche das prachtvolle Gehänge des Pfauhahns erlangt worden ist, braucht kaum noch irgend etwas weiter nachgewiesen zu werden. Wenn wir uns im Geiste einen Urerzeuger des Pfauhahns in einem beinahe genau intermediären Zustande zwischen dem jetzt existirenden Pfauhahne mit seinen enorm verlängerten Schwanzdeckfedern, die mit einfachen Augenflecken verziert sind, und einem gewöhnlichen hühnerartigen Vogel mit kurzen Schwanzdeckfedern, die bloss mit etwas Farbe gefleckt sind, vormalen, so erhalten wir das Bild eines mit Polyplectron verwandten Vogels; d. h. eines Vogels, welcher der Aufrichtung und Entfaltung fähige, mit zwei zum Theil zusammenfliessenden Augenflecken verzierte und fast bis zum Verbergen der eigentlichen Schwanzfedern verlängerte Schwanzdeckfedern besitzt, während die letzteren bereits ihre Augenflecken zum Theil verloren haben. Der zahnförmige Einschnitt der centralen Scheibe und der umgebenden Ringe der Augenflecken in beiden Species von Pfauen scheint mir deutlich zu Gunsten dieser Ansicht zu sprechen, und es wäre diese Structur auch sonst unerklärlich. Die Männchen von Polyplectron sind ohne Zweifel sehr schöne Vögel; es kann aber ihre Schönheit, wenn sie aus einer geringeren Entfernung betrachtet werden, mit der des Pfauhahns nicht verglichen werden. Viele weibliche Vorfahren des Pfauen müssen während einer langen Descendenzreihe


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/144&oldid=- (Version vom 31.7.2018)