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Bezug auf den scharlachenen Ibis und viele Reiher gemachten Bemerkungen und aus der Analogie mit den Species der ersten Classe schliessen, dass derartige Farben von den nahezu geschlechtsreifen Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, dass aber verschieden von dem, was in den beiden ersten Classen vorkommt, die Ueberlieferung zwar wohl auf dasselbe Alter, aber nicht auf dasselbe Geschlecht beschränkt worden ist. In Folge dessen gleichen beide Geschlechter einander, wenn sie erwachsen sind, und weichen dann von den Jungen ab.

4. Classe. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Federkleide den Erwachsenen ähnlich. — In dieser Classe gleichen die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter einander, mögen sie nun brillant oder düster gefärbt sein. Derartige Fälle sind meiner Meinung nach häufiger als die der letzten Classe. Wir haben in England Beispiele hiervon beim Eisvogel, bei einigen Spechten, bei dem Eichelhäher, der Elster, Krähe und vielen kleinen trübe gefärbten Vögeln, wie dem Graukehlchen oder dem Zaunkönig. Die Aehnlichkeit im Gefieder zwischen den Jungen und Alten ist aber niemals vollständig, sie stuft sich allmählich bis zur Unähnlichkeit ab. So sind die Jungen von einigen Gliedern der Familie der Eisvögel nicht bloss weniger lebhaft gefärbt als die Erwachsenen, sondern viele von den Federn der untern Körperfläche sind mit Braun gerändert[1] — wahrscheinlich eine Spur eines früheren Zustandes des Gefieders. Die Jungen mancher Vögel sind häufig in derselben Gruppe von Vögeln, selbst innerhalb einer und der nämlichen Gattung, wie z. B. in einer australischen Gattung von Papageien (Platycercus), den Eltern beiderlei Geschlechts sehr ähnlich, während die Jungen anderer Species innerhalb derselben Gruppen von den Erzeugern, welche einander gleich sind, beträchtlich verschieden sind.[2] Beide Geschlechter und die Jungen des gemeinen Eichelhähers sind einander sehr ähnlich; aber beim canadischen Häher (Perisoreus canadensis) sind die Jungen von ihren Eltern so verschieden, dass sie früher als verschiedene Species beschrieben wurden.[3]


  1. Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 222, 228. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 124, 130.
  2. Gould, a. a. O. Vol. II, p. 37, 46, 56,
  3. Audubon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 55.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/208&oldid=- (Version vom 31.7.2018)