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überlieferte. Warum Abänderungen in verschiedenen Perioden des Lebens, und zwar selbst zuweilen bei den Arten einer und derselben Gruppe aufgetreten sind, wissen wir nicht; aber in Bezug auf die Form der Ueberlieferung scheint eine bedeutungsvolle Ursache, welche jene bestimmte, das Alter gewesen zu sein, in welchem die Abänderung zuerst auftrat.

Nach dem Gesetze der Vererbung zu entsprechenden Altersstufen und nach dem Umstande, dass eine jede Abänderung in der Farbe, welche bei den Männchen in einem frühen Alter erschien, nicht in dieser Zeit bei der Zucht gewählt, im Gegentheil häufig als gefährlich beseitigt wurde, während ähnliche in der Periode der Reproduction oder in deren Nähe auftretende Abänderungen erhalten wurden, gelangt man zum Schlusse, dass das Gefieder der Jungen häufig unmodificirt gelassen oder nur wenig modificirt worden ist. Wir erhalten hierdurch eine gewisse Einsicht in den Zustand der Färbung der einstigen Urerzeuger unserer jetzt lebenden Species. Bei einer ungeheuren Zahl von Species in fünf unter unseren sechs Classen von Fällen sind die Erwachsenen des einen oder beiderlei Geschlechts, wenigstens während der Paarungszeit, glänzend gefärbt, während die Jungen unveränderlich weniger hell als die Erwachsenen oder völlig düster gefärbt sind; denn so weit ich es ermitteln kann, ist kein Beispiel bekannt, wo die Jungen düster gefärbter Arten glänzende Farben entfalteten, oder wo die Jungen brillant gefärbter Arten noch brillanter gefärbt wären als ihre Eltern. Indessen gibt es in der vierten Classe, in welcher die Jungen und Alten einander ähnlich sind, viele Species (wennschon durchaus nicht alle), bei denen die Jungen glänzend gefärbt sind, und da diese Species ganze Gruppen bilden, so können wir schliessen, dass ihre frühen Urerzeuger gleichfalls glänzend gefärbt waren. Wenn wir die Vögel der ganzen Erde betrachten, so scheint, mit dieser letzteren Ausnahme, ihre Schönheit seit jener Periode, von welcher wir in ihrem unreifen Jugendgefieder eine theilweise Ueberlieferung haben, bedeutend erhöht worden zu sein.

Ueber die Farbe des Gefieders in Bezug auf den Schutz. — Man wird gesehen haben, dass ich Mr. Wallace in der Annahme, dass düstere Färbungen, sobald sie auf die Weibchen beschränkt sind, in den meisten Fällen speciell zum Zwecke des Schutzes erlangt worden sind, nicht folgen kann. Wie indessen früher bemerkt wurde,


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/220&oldid=- (Version vom 31.7.2018)