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irgend eines speciellen Zweckes wegen weiss und dadurch für ihre Feinde auffallend gemacht worden seien, oder dass die Erwachsenen einer dieser zwei Species speciell während des Winters weiss geworden seien in einem Lande, welches niemals mit Schnee bedeckt ist. Auf der andern Seite haben wir Grund zu der Annahme, dass die weisse Farbe von vielen Vögeln als eine geschlechtliche Zierath erlangt ist. Wir können daher schliessen, dass ein früher Urerzeuger der Ardea asha und des Buphus ein weisses Gefieder zu hochzeitlichen Zwecken erlangt und diese Färbung auf seine Nachkommen überliefert hat, so dass die Jungen und die Alten, wie gewisse jetzt existirende Silberreiher, weiss wurden. Später wird dann die weisse Färbung von den Jungen beibehalten worden sein, während sie von den Erwachsenen gegen noch schärfer ausgesprochene Färbungen vertauscht wurde. Wenn wir aber noch weiter in der Zeit rückwärts auf noch frühere Urerzeuger dieser zwei Species blicken könnten, so würden wir wahrscheinlich die Erwachsenen dunkel gefärbt sehen. Dass dies der Fall sein würde, schliesse ich aus der Analogie vieler anderer Vögel, welche während ihrer Jugend dunkel und im erwachsenen Zustande weiss sind, und noch besonders aus dem Fall der Ardea gularis, deren Färbungen gerade die umgekehrten von denen der A. asha sind. Deren Junge sind nämlich dunkel gefärbt und die Erwachsenen weiss, so dass hier die Jungen einen früheren Zustand des Gefieders beibehalten haben. Es geht daher scheinbar hieraus hervor, dass die Vorfahren der Ardea asha, des Buphus und einiger verwandter Formen in ihrem erwachsenen Zustande während einer langen Descendenzreihe Veränderungen in der Färbung in folgender Reihe erlitten haben; zuerst eine dunkle Schattirung, zweitens eine rein weisse Färbung und drittens in Folge einer andern Veränderung der Mode (wenn mir dieser Ausdruck erlaubt ist) ihre jetzige schieferfarbige röthliche oder röthlich-graue Färbung. Diese aufeinanderfolgenden Veränderungen sind nur nach dem Principe verständlich, dass ihre Neuheit ihrer selbst wegen von den Vögeln bewundert worden ist.

Mehrere Schriftsteller haben der ganzen Theorie der geschlechtlichen Zuchtwahl den Einwand entgegengehalten, dass bei Thieren


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/228&oldid=- (Version vom 31.7.2018)