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Hunde erwähnt werden. Seit vielen Generationen ist es daher das Männchen gewesen, welches hauptsächlich auf seine Kraft, Grösse, Flüchtigkeit und seinen Muth geprüft worden ist, und von den besten derselben ist dann weitergezüchtet worden. Da indessen die Männchen ihre gehörigen Dimensionen nicht eher als in einer im Ganzen späteren Lebensperiode erreichen, so werden sie in Uebereinstimmung mit dem oft angedeuteten Gesetze dazu geneigt haben, ihre Charactere allein ihren männlichen Nachkommen zu überliefern, und hierdurch lässt sich wahrscheinlich die bedeutende Ungleichheit in der Grösse zwischen den Geschlechtern des schottischen Hirschhundes erklären.

Fig. 65. Kopf des gemeinen wilden Ebers in der Blüthe seines Lebens (nach Brehm, Thierleben).

Die Männchen einiger weniger Vierfüsser besitzen Organe oder Theile, welche allein als Mittel der Vertheidigung gegen die Angriffe anderer Männchen entwickelt werden. Einige Arten von Hirschen brauchen, wie wir gesehen haben, die oberen Enden ihres Geweihes hauptsächlich oder ausschliesslich um sich zu vertheidigen; und die Oryx-Antilope vertheidigt sich, wie mir Mr. Bartlett mitgetheilt hat, äusserst geschickt mit ihren langen leicht gebogenen Hörnern; doch werden diese gleichfalls als Angriffsorgane gebraucht. Rhinocerosse pariren im Kampfe, wie mir derselbe Beobachter mittheilt, ihre gegenseitigen, von der Seite beigebrachten Hiebe mit ihren Hörnern, welche dabei laut zusammenschlagen, wie es die Stosszähne der Eber thun. Obgleich wilde Eber verzweifelt mit einander kämpfen, erhalten sie der Angabe Brehm’s zufolge selten tödtliche Streiche, da diese meist auf die Stosszähne des Gegners oder auf die Schicht von derber speckiger Haut fallen, welche die Schulter bedeckt und welche die deutschen Jäger das Schild nennen; und hier haben wir einen Theil, der speciell zur Vertheidigung modificirt ist. Bei Ebern in der Blüthe ihrer Jahre (s. Fig. 65) werden die Stosszähne in der Unterkinnlade zum Kämpfen benutzt; sie werden aber im hohen Alter, wie Brehm anführt, so bedeutend nach innen und oben über die Schnauze gekrümmt, dass sie nicht länger hierzu benutzt werden können. Sie können indess noch immer und


Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/259&oldid=- (Version vom 31.7.2018)