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Südafrica keinen Schutz darbieten. Burchell[1] sagt bei einer Beschreibung einer Heerde Zebras: „ihre schlanken Rippen glänzten in der Sonne und die Helligkeit und Regelmässigkeit ihrer gestreiften Kleider bot ein Gemälde ausserordentlicher Schönheit dar, worin sie wahrscheinlich von keinem anderen Säugethiere übertroffen werden“. Da aber durch die ganze Gruppe der Equiden die Geschlechter in der Färbung identisch sind, so haben wir hier keinen Beweis für eine geschlechtliche Zuchtwahl. Nichtsdestoweniger wird derjenige, welcher die weissen und dunkeln senkrechten Streifen auf den Flanken verschiedener Antilopen geschlechtlicher Zuchtwahl zuschreibt, wahrscheinlich dieselbe Ansicht auf den Königstiger und das schöne Zebra ausdehnen.

Wir haben in einem früheren Capitel gesehen, dass, wenn junge zu gleichviel welcher Classe gehörige Thiere nahezu dieselbe Lebensweise haben wie ihre Eltern, und doch in einer verschiedenen Art und Weise gefärbt sind, man wohl schliessen kann, dass sie die Färbung irgend eines alten und ausgestorbenen Urerzeugers beibehalten haben. In der Familie der Schweine und in der Gattung Tapir sind die Jungen mit Längsstreifen gezeichnet und weichen hierdurch von jeder jetzt lebenden erwachsenen Species in diesen beiden Gruppen ab. Bei vielen Arten von Hirschen sind die Jungen mit eleganten weissen Flecken gezeichnet, von denen ihre Eltern nicht eine Spur darbieten. Es lässt sich eine allmählich aufsteigende Reihe verfolgen vom Axishirsch, bei welchem beide Geschlechter in allen Altersstufen und während aller Jahreszeiten schön gefleckt sind (wobei die Männchen im Ganzen etwas stärker gefärbt sind als die Weibchen), bis zu Species, bei welchen weder die Alten noch die Jungen gefleckt sind. Ich will einige Stufen in dieser Reihe anführen. Der mantschurische Hirsch (Cervus mantschuricus) ist während des ganzen Jahres gefleckt: die Flecke sind aber, wie ich im zoologischen Garten gesehen habe, während des Sommers viel deutlicher, wo die allgemeine Farbe des Pelzes heller ist, als während des Winters, wo die allgemeine Färbung dunkler und das Geweih vollständig entwickelt ist. Bei dem Schweinshirsch (Hyelaphus porcinus) sind die Flecke während des Sommers äusserst auffallend, wo der ganze Pelz röthlich braun ist, verschwinden aber während des Winters, wo der Pelz braun wird, vollständig.[2]


  1. Travels in South Africa, 1824. Vol. II, p. 315.
  2. Dr. Gray, Gleanings from the Menagerie of Knowsley, p. 64. Mr. Blyth erwähnt den Schweinshirsch von Ceylon (Land and Water, 1869, p. 42) und sagt, dass er in der Zeit des Jahres, wo er sein Geweihe erneuert, heller mit Weiss gefleckt ist als der gemeine Schweinshirsch.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/295&oldid=- (Version vom 31.7.2018)