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Patatenblumen“. Wir haben gesehen, dass die Chinesen unsere weisse Haut nicht lieben und dass die Nordamericaner eine „gelblich braune Haut“ bewundern. In Südamerica sind die Yura-caras, welche die bewaldeten feuchten Abhänge der östlichen Cordillera bewohnen, merkwürdig blass gefarbt, wie ihr Name in ihrer eigenen Sprache es ausdrückt; nichtsdestoweniger halten sie Europäische Frauen für ihren eigenen sehr untergeordnet.[1]

In mehreren Stämmen von Nordamerica wächst das Haar am Kopfe zu einer wunderbaren Länge, und Catlin führt einen merkwürdigen Beweis dafür an, wie sehr dieses geschätzt wird; der Häuptling der Crows nämlich wurde zu dieser Stellung deshalb erwählt, weil er die längsten Haare unter allen Männern im Stamme hatte, und zwar zehn Fuss und sieben Zoll. Die Aymaras und Quechuas von Südamerica haben gleichfalls sehr lange Haare, und diese werden, wie Mr. D. Forbes mir mittheilt, wegen ihrer Schönheit so sehr geschätzt, dass die schwerste Strafe, welche man ihnen auflegen konnte, die war, das Haar abzuschneiden. In beiden Hälften des Continents vergrössern die Eingeborenen zuweilen die scheinbare Länge ihres Haares dadurch, dass sie faserige Substanzen mit ihm verweben. Obschon das Haar am Kopfe hiernach sehr hoch geschätzt ist, so wird das im Gesicht doch von den Nordamericanischen Indianern „für sehr gemein“ gehalten, und jedes Haar wird sorgfältig ausgezogen. Dieser Gebrauch herrscht durch den ganzen americanischen Continent von Vancouvers Island im Norden bis zum Feuerlande im Süden. Als York Minster, ein Feuerländer am Bord des Beagle, nach seinem Lande zurückgebracht wurde, sagten ihm die Eingeborenen, er solle die wenigen kurzen Haare in seinem Gesichte ausreissen. Sie drohten auch einem jungen Missionär, welcher eine Zeit lang bei ihnen gelassen wurde, damit, ihn nackt auszuziehen und die Haare von seinem Gesicht und Körper auszureissen, und doch war er durchaus kein stark behaarter Mann. Es wird diese Mode bis zu einem solchen Extrem getrieben, dass die Indianer von Paraguay ihre Augenbrauen und Augenwimpern ausreissen, indem sie sagen, sie wünschten nicht wie Pferde auszusehen.[2]


  1. In Bezug auf die Javanesen und Cochinchinesen s. Waitz, Anthropologie der Naturvölker. Bd. 1, S. 366; Introd. to Anthropol. Vol. 1, p. 305. Wegen der Yuracaras s. Alc. d’Orbigny, citirt bei Prichard, Phys. Hist. of Mankind, Vol. V. 3. ed., p. 476.
  2. North American Indians by G. Catlin, 3. edit. 1842. Vol. I, p. 49. Vol. II, p. 227. Ueber die Eingeborenen von Vancouvers Island s. Sproat, Scenes and Studies of Savage Life, 1868, p. 25. Ueber die Indianer von Paraguay s. Azara. Voyages etc. Tom. II, p. 105.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/341&oldid=- (Version vom 31.7.2018)