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des Körpers unter gleich günstigen Bedingungen. Cook bemerkt, dass die Superiorität in der persönlichen Erscheinung, „welche auf allen übrigen Inseln (des stillen Oceans) bei den „Erees“ oder Adeligen zu beobachten ist, auf den Sandwichsinseln allgemein gefunden wird“. Dies mag aber hauptsächlich Folge ihrer besseren Ernährung und Lebensweise sein.

Bei der Beschreibung der Perser sagt der alte Reisende Chardin: „ihr Blut ist jetzt durch häufige Vermischung mit den Georgiern und Circassiern, welche beide Nationen in Bezug auf persönliche Schönheit die ganze Welt übertreffen, im hohen Grade veredelt. Es ist kaum ein Mann von Rang in Persien, welcher nicht von einer georgischen oder circassischen Mutter geboren wäre“. Er fügt hinzu, dass sie ihre Schönheit erben, „indess nicht von ihren Vorfahren, denn ohne die erwähnte Vermischung würden die Leute von Rang in Persien, welche Nachkommen der Tartaren sind, äusserst hässlich sein“.[1] Das Folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall. Die Priesterinnen, welche den Tempel der Venus Erycina in San-Giuliano in Sicilien bedienten, wurden um ihrer Schönheit willen aus ganz Griechenland ausgewählt. Sie waren keine vestalischen Jungfrauen, und Quatrefages,[2] welcher die vorstehende Thatsache anführt, bemerkt, dass die Frauen von San-Giuliano noch heutigen Tages als die schönsten auf der ganzen Insel berühmt sind und von Künstlern als Modelle gesucht werden. Offenbar sind die Beweise in den eben erwähnten Fällen aber zweifelhaft.

Obgleich sich der folgende Fall auf Wilde bezieht, so ist er doch seiner Merkwürdigkeit wegen der Erwähnung werth. Mr. Winwood Reade theilt mir mit, dass die Jollofs, ein Negerstamm an der Westküste von Africa, „wegen ihrer gleichförmigen schönen Erscheinung merkwürdig sind“. Einer seiner Freunde fragte einen dieser Leute: „Woher kommt es, dass ein Jeder, dem ich hier begegne, so schön aussieht, nicht bloss Eure Männer, sondern auch Eure Frauen?“ Der Jollof antwortete: „Das ist sehr leicht zu erklären: es ist stets unser Gebrauch gewesen, unsere schlecht aussehenden Sclaven auszusuchen


  1. Diese Citate sind aus Lawrence, Lectures on Physiology etc. 1822, p. 393, entnommen, welcher die Schönheit der höheren Classen in England dem Umstande zuschreibt, dass die Männer lange Zeit hindurch die schöneren Frauen gewählt haben.
  2. „Anthropologie“, in: Revue des Cours scientifiques. Oct. 1868, p. 721.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/350&oldid=- (Version vom 31.7.2018)