und möglicherweise der Ainos, welche die nördlichen Inseln des japanesischen Archipels bewohnen. Aber die Gesetze der Vererbung sind so complicirter Natur, dass wir selten ihre Wirksamkeit verstehen können. Wenn das stärkere Behaartsein gewisser Rassen wirklich das Resultat von Rückschlag, ungehemmt durch irgend eine Form von Zuchtwahl, wäre, so würde die äusserste Variabilität dieses Characters, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse, aufhören merkwürdig zu sein.[1]
In Bezug auf den Bart finden wir, wenn wir uns zu unseren besten Führern, nämlich den Quadrumanen wenden, in beiden Geschlechtern gleichmässig gut entwickelte Bärte bei vielen Species, aber bei anderen sind solche entweder auf die Männchen beschränkt oder bei diesen stärker entwickelt als bei den Weibchen. Nach dieser Thatsache und nach der merkwürdigen Anordnung, ebenso wie nach den hellen Farben des Haares um die Köpfe vieler Affen ist es in hohem Grade wahrscheinlich, wie früher auseinandergesetzt wurde, dass die Männchen ihre Bärte zuerst durch geschlechtliche Zuchtwahl als Zierathen erhielten und sie dann in den meisten Fällen in gleichem oder nahezu gleichem Grade ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten. Wir wissen durch Eschricht,[2] dass beim Menschen sowohl der weibliche als der männliche Fötus am Gesichte mit vielen Haaren versehen ist, besonders rings um den Mund, und dies deutet darauf hin, dass wir von einem Urerzeuger abstammen, dessen beide Geschlechter mit Bärten versehen waren. Es scheint daher auf den
- ↑ Kaum irgend eine der in vorliegendem Werke ausgesprochenen Ansichten hat eine gleich ungünstige Beurtheilung erfahren (s. z B. Spengel, Die Fortschritte des Darwinismus, 1874, p. 80), als die oben gegebene Erklärung des Verlustes des Haarkleides beim Menschen durch geschlechtliche Zuchtwahl; aber keines der dagegen vorgebrachten Argumente scheint mir ein grosses Gewicht zu besitzen, wenn man die Thatsachen berücksichtigt, welche zeigen, dass die Nacktheit der Haut bis zu einem gewissen Grade ein secundärer Sexualcharacter beim Menschen und bei einigen Quadrumanen ist.
- ↑ Ueber die Richtung der Haare am menschlichen Körper, in: Müller’s Archiv für Anat. u. Phys. 1837, S. 40.
besteht“. Es ist indessen sicher, dass die Neger in ihrem so viel wärmeren Heimathlande merkwürdig glatte Körper haben. Man muss noch besonders beachten, dass in der obigen Aufzählung reine Schwarze und Mulatten inbegriffen waren, und dies ist ein unglücklicher Umstand, da nach dem Princip, dessen Richtigkeit ich an einer andern Stelle bewiesen habe, gekreuzte Menschenrassen ausserordentlich leicht auf den ursprünglich, behaarten Zustand ihrer frühen affenähnlichen Urerzeuger zurückschlagen werden.
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/371&oldid=- (Version vom 31.7.2018)