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Das Gefühl der Zuneigung eines Hundes gegen seinen Herrn ist mit einem starken Gefühle der Unterwürfigkeit verbunden, welches mit dem der Furcht verwandt ist. Daher senken Hunde nicht bloß ihre Körper und kriechen ein wenig, wenn sie sich ihrem Herrn nähern, sondern werfen sich zuweilen auf den Boden, mit der Bauchseite nach oben gekehrt. Dies ist eine Bewegung, welche jedem Anzeichen von Widerstand so vollständig als möglich entgegengesetzt ist. Ich besaß früher einen großen Hund, der sich nicht im geringsten fürchtete, mit andern Hunden zu kämpfen. Aber ein wolfartiger Schäferhund in der Nachbarschaft besaß, trotzdem er nicht so wild und nicht so kraftvoll war wie mein Hund, einen merkwürdigen Einfluß auf ihn. Wenn sich beide auf der Straße begegneten, so pflegte mein Hund ihm entgegen zu rennen, den Schwanz zum Theil zwischen die Beine genommen und das Haar nicht aufgerichtet, und dann warf er sich auf den Boden, den Bauch nach oben. Durch diese Handlung schien er deutlicher als es durch Worte hätte geschehen können, sagen zu wollen: „Siehe, ich bin dein Sclave!“

Ein vergnüglicher und erregter mit Zuneigung associirter Seelenzustand wird von manchen Hunden in einer sehr eigenthümlichen Weise ausgedrückt, nämlich durch Grinsen. Somerville hat dies schon vor längerer Zeit bemerkt, wenn er sagt:

„Und mit höflichem Grinsen grüßt dich der schwänzelnde Hund
Kauernd, seine sich weit öffnende Nase
Wirft er auf, und seine großen kohlschwarzen Augen
Schmelzen in sanften Liebkosungen und demüthiger Freude.“
Die Jagd. Buch 1.

Sir Walter Scott's[WS 1] berühmter schottischer Windhund, Maida, hatte diese Gewohnheit, und sie ist bei Pintschern gewöhnlich. Ich habe sie auch bei einem Spitze und bei einem Schäferhunde gesehen. Mr. Riviere, welcher dieser Ausdrucksweise besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, theilt mir mit, daß sie selten in einer vollständigen Weise entfaltet wird, aber in einem geringeren Grade ganz gewöhnlich ist. Während des Actes des Grinsens wird die Oberlippe wie beim Knurren zurückgezogen, so daß die Eckzähne sichtbar werden, und auch die Ohren werden zurückgezogen; aber die allgemeine Erscheinung des Thieres zeigt deutlich, daß kein Zorn gefühlt wird. Sir Ch. Bell bemerkt,[1] „Hunde bieten bei ihrer Ausdrucksweise der


  1. The Anatomy of Expression, 1844, p. 140.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Waltet Scott's
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)