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„bloße Werkzeuge für den Ausdruck“ seien, oder „eine specielle Einrichtung“ für diesen einen Zweck darstellen.[1] Aber schon die einfache Thatsache, daß die menschenähnlichen Affen die nämlichen Gesichtsmuskeln wie wir besitzen,[2] macht es sehr unwahrscheinlich, daß diese Muskeln bei uns ausschließlich dem Gesichtsausdrucke dienen; denn ich denke doch, daß Niemand anzunehmen geneigt sein wird, daß Affen mit speciellen Muskeln begabt worden sind nur zu dem Zwecke, ihre widerlichen Grimassen darzustellen. Es lassen sich in der That bestimmte, vom Ausdrucke unabhängige Gebrauchsweisen mit großer Wahrscheinlichkeit für beinahe alle Gesichtsmuskeln nachweisen.

Sir Ch. Bell wünschte offenbar einen so weiten Unterschied zwischen dem Menschen und den niederen Thieren zu machen wie nur möglich; und in Folge hiervon behauptet er, daß „bei den niederen Geschöpfen kein Ausdruck vorhanden ist als das, was man mehr oder weniger deutlich auf die Äußerungen ihres Willens oder die nothwendigen Instincte zurückführen kann.“ Er behauptet ferner, daß ihre Gesichter hauptsächlich im Stande zu sein scheinen, Wuth oder Furcht auszudrücken“.[3] Aber selbst der Mensch kann Liebe und Demuth durch äußere Zeichen nicht so deutlich ausdrücken als ein Hund, wenn er mit hängenden Ohren, herabhängenden Lippen, sich windendem Körper und wedelndem Schwanze seinem geliebten Herrn begegnet. Auch lassen sich diese Bewegungen beim Hunde nicht durch Handlungen des Willens oder durch nothwendige Instincte erklären, ebensowenig wie das Glänzen der Augen und das Lächeln der Wangen bei einem Menschen, wenn er einen alten Freund trifft. Wenn Sir Ch. Bell über den Ausdruck der Zuneigung beim Hunde gefragt worden wäre, so würde er ohne Zweifel geantwortet haben, daß dies Thier mit speciellen Instincten erschaffen worden sei, welche dasselbe für die gesellige Verbindung mit dem Menschen geschickt machten, und daß alle weiteren Untersuchungen über den Gegenstand überflüssig seien.



  1. Anatomy of Expression 3. edit. p. 98, 121, 131.
  2. Professor Owen führt ausdrücklich an (Proceed. Zoolog. Soc. 1830, p. 28), daß dies in Bezug auf den Orang der Fall ist, und zählt speciell die bedeutungsvolleren Muskeln auf, von welchen bekannt ist, daß sie beim Menschen dazu dienen, seine Gefühle auszudrücken. Siehe auch eine Beschreibung mehrerer Gesichtsmuskeln des Chimpanse von Prof. Macalister in: Annals and Magaz. of Natur. Hist. Vol. VII. May, 1871, p. 342.
  3. Anatomy of Expression, p. 121, 138.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)