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analog, welches bei Erwachsenen beinahe ganz auf geistige Trübsal beschränkt ist, während es bei Kindern durch körperliche Schmerzen oder irgend welche Leiden ebensowohl erregt wird wie durch Furcht oder Wuth. Viele merkwürdige Erörterungen sind über die Ursache des Lachens bei erwachsenen Personen geschrieben worden. Der Gegenstand ist äußerst complicirt. Irgend etwas nicht Zusammengehöriges oder Unerklärliches, das Erstaunen Erregende oder auch ein gewisses Gefühl der Überlegenheit beim Lachenden, der dabei in einer glücklichen Geistesstimmung sich befinden muß, scheint die häufigste Ursache zu sein.[1] Die Umstände dürfen nicht momentaner Natur sein; kein Armer wird lachen oder lächeln, wenn er plötzlich hört, daß ihm ein großes Vermögen vererbt worden ist. Wenn der Geist durch freudige Empfindungen stark erregt wird und es tritt irgend ein unerwartetes Ereignis oder ein unerwarteter Gedanke ein, dann wird, wie Mr. Herbert Spencer bemerkt,[2] „eine bedeutende Menge nervöser Energie plötzlich in ihrem Abflusse gehemmt, anstatt daß ihr gestattet würde, sich in der Erzeugung einer äquivalenten Menge von neuen Gedanken und Erregungen, welche im Entstehen begriffen waren, auszubreiten.“ ... „Der Überschuß muß sich in irgend einer andern Richtung Luft machen. Es erfolgt daher ein Ausfluß durch die motorischen Nerven auf verschiedene Classen von Muskeln, und hierdurch werden die halb convulsivischen Thätigkeiten erzeugt, die wir Lachen nennen.“ Eine sich auf diesen Punkt beziehende Beobachtung hat einer meiner Correspondenten während der letzten Belagerung von Paris gemacht, nämlich, daß die deutschen Soldaten nach starker Erregung in Folge des Umstands, daß sie äußerster Gefahr ausgesetzt gewesen waren, besonders geneigt waren, bei dem geringsten Scherze in lautes Lachen auszubrechen. So wird ferner, wenn kleine Kinder gerade anfangen wollen zu weinen, ein unerwartetes Ereignis zuweilen ihr Weinen in Lachen verwandeln, welches allem Anscheine nach gleichzeitig gut dazu dient, ihre überschüssige nervöse Energie zu verbrauchen.

Man sagt zuweilen, daß die Einbildung durch eine lächerliche


  1. Mr. Bain gibt in seinem Buche: The Emotions and the Will, 1865, p. 247, eine lange und interessante Erörterung über das Lächerliche. Das oben angeführte Citat über das Lachen der Götter ist diesem Werke entnommen, s. auch Maudeville, The Fable of the Bees, Vol. II, p. 168.
  2. The Physiology of Laughter. Essays, Second Series, 1863, p. 114.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/192&oldid=- (Version vom 31.7.2018)