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„In dieser Krankheit herrscht beinahe unveränderlich ein Optimismus — Täuschung in Bezug auf Wohlstand, Rang, Größe — unsinnige Freude, Wohlwollen und Verschwendung, während ihr frühestes körperliches Symptom ein Zittern an den Mundwinkeln und an den äußern Augenwinkeln ist. Dies ist eine allgemein anerkannte Thatsache. Beständiges zitterndes Erregtsein der untern Augenbrauen- und großen Jochbeinmuskeln ist für die frühern Zustände der allgemeinen Lähmung pathognomonisch. Das Gesicht hat einen zufriedenen und wohlwollenden Ausdruck. In dem Maße, wie die Krankheit fortschreitet, werden andere Muskeln mit ergriffen; bis aber vollständige Blödsinnigkeit erreicht ist, ist der vorherrschende Ausdruck der eines schwachen Wohlwollens.“

Wie beim Lachen und dem breiten Lächeln die Wangen und die Oberlippe bedeutend emporgehoben sind, so scheint die Nase verkürzt zu sein und die Haut auf dem Nasenrücken wird fein in queren Linien gefurcht mit andern schrägen Längslinien auf den Seiten. Gewöhnlich werden die mittlern obern Schneidezähne exponirt. Eine scharf ausgesprochene Nasenlippenfalte wird gebildet, welche von dem Flügel eines jeden Nasenlochs zum Mundwinkel herabläuft. Häufig ist diese Falte bei alten Personen doppelt.

Ein helles und glänzendes Auge ist für einen vergnügten oder amüsirten Seelenzustand ebenso characteristisch wie die Zurückziehung der Mundwinkel und Oberlippe mit den dadurch hervorgerufenen Falten. Selbst die Augen mikrocephaler Idioten, welche so tief gesunken sind, daß sie niemals sprechen lernen, glänzen unbedeutend auf, wenn sie eine Freude empfinden.[1] Bei dem extremen Lachen sind die Augen zu sehr mit Thränen unterlaufen, als daß sie glänzen könnten; aber die während mäßigen Lachens oder Lächelns aus den Drüsen ausgedrückte Feuchtigkeit dürfte den Glanz der Augen noch erhöhen helfen, obschon dies von einer durchaus untergeordneten Bedeutung sein muß, da sie in der Trauer matt werden, trotzdem sie dann häufig feucht sind. Ihr Erglänzen scheint hauptsächlich Folge ihres Gespanntseins zu sein,[2] was wieder von der Zusammenziehung der Kreismuskeln und von dem Drucke der in die Höhe gehobenen Wangen abhängt. Der Angabe des Dr. Piderit zufolge, welcher diesen Punkt ausführlicher


  1. C. Vogt, Memoire sur les Microcéphales. 1867, p. 21.
  2. Sir Ch. Bell, Anatomy of Expression, p. 133.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/199&oldid=- (Version vom 31.7.2018)