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Gegenstand fixirt, also nicht, wie ich mir vorgestellt hatte, auf einen entfernten Gegenstand. Die Sehachsen der beiden Augen werden sogar häufig in geringem Grade divergent; wird der Kopf senkrecht gehalten, und ist die Gesichtsebene horizontal, so steigt die Divergenz im Maximum bis zu einem Winkel von 2°. Dies wurde ermittelt durch Beobachtung des gekreuzten Doppelbildes eines entfernten Gegenstandes. Wenn sich der Kopf nach vorn neigt, wie es häufig bei einem in Gedanken absorbirten Menschen vorkommt, in Folge nämlich der allgemeinen Erschlaffung seiner Muskeln, dann werden, wenn die Gesichtsebene noch immer horizontal bleibt, die Augen nothwendigerweise ein wenig aufwärts gedreht, und dann beträgt die Divergenz 3° oder 3°5'; werden die Augen noch weiter nach oben gewendet, dann steigt sie bis auf 6° oder 7°. Professor Donders schreibt diese Divergenz der beinahe vollständigen Erschlaffung gewisser Augenmuskeln zu, welche leicht in Folge des Versunkenseins des Geistes eintritt.[1] Der thätige Zustand der Muskeln der Augen führt zur Convergenz derselben; Professor Donders bemerkt hierbei noch, als die Divergenz der Augen während einer Zeit vollständigen Versunkenseins erläuternd, daß, wenn ein Auge erblindet, es beinahe immer nach Verlauf einer kurzen Zeit sich nach außen wendet; seine Muskeln werden nämlich nun nicht mehr dazu benutzt, den Augapfel behufs des binocularen Sehens nach innen zu bewegen.

Verlegenes Überlegen wird häufig von gewissen Bewegungen oder Geberden begleitet. In solchen Momenten erheben wir gewöhnlich unsere Hände an die Stirn, den Mund oder das Kinn; soweit ich es beobachtet habe, thun wir es aber nicht, wenn wir vollständig im Nachdenken versunken sind und wenn keine Schwierigkeit uns entgegentritt. Plautus beschreibt in einem seiner Stücke[2] einen verlegenen Menschen und sagt: „Seht ihn an, er hat sein Kinn auf den Pfeiler seiner Hand gestützt.“ Selbst eine so kleinliche und allem Anscheine nach bedeutungslose Geberde, wie das Erheben der Hand nach dem Gesichte, ist bei einigen Wilden beobachtet worden. Mr. J. Mansel Weale hat es bei den Kaffern in Süd-Africa gesehen; und der eingeborene


  1. Gratiolet bemerkt (De la Physionomie, p. 35); „Quand l'attention est fixée sur quelque image intérieure, l'oeil regarde dans le vide et s'associe automatiquement à la contemplation de l'esprit.“ Diese Ansicht verdient aber kaum eine Erklärung genannt zu werden.
  2. Miles Gloriosus, Act. II. Sc. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/221&oldid=- (Version vom 31.7.2018)