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Härte veranlaßt.[1] Ich zweifle aber sehr, ob dies ein wahrer oder natürlicher Ausdruck ist. Ich habe die Duchenne'sche Photographie eines jungen Mannes, bei welchem dieser Muskel mittelst des Galvanismus in starke Contraction versetzt worden war, elf Personen, darunter einigen Künstlern, gezeigt und keiner konnte sich eine Idee davon machen, was beabsichtigt wurde, ausgenommen ein Mädchen, welches ganz richtig antwortete: „mürrische Zurückhaltung.“ Als ich, wohl wissend was damit beabsichtigt war, zum ersten Male diese Photographie betrachtete, fügte meine Einbildungskraft wie ich glaube das, was noch nothwendig war, nämlich die Runzelung der Augenbrauen, hinzu; in Folge hievon schien mir dann der Ausdruck richtig und zwar äußerst mürrisch zu sein.

Ein fest geschlossener Mund gibt in Verbindung mit herabgezogenen und gerunzelten Augenbrauen dem Ausdrucke Entschiedenheit oder kann ihn auch zu dem der Halsstarrigkeit und Verdrießlichkeit machen. Woher es kommt, daß der fest geschlossene Mund dem Gesichte den Ausdruck der Entschiedenheit gibt, wird sofort erörtert werden. Ein Ausdruck mürrischer Hartnäckigkeit ist von meinen Correspondenten deutlich bei den Eingeborenen von sechs verschiedenen Gegenden Australiens erkannt worden. Dasselbe ist auch bei den Malayen, Chinesen, Kaffern, Abyssiniern und der Angabe des Dr. Rothrock zufolge in einem auffallenden Grade bei den wilden Indianern von Nord-America und nach Mr. D. Forbes bei den Aymaras von Bolivien erkannt worden. Ich habe ihn auch bei den Araucanern des südlichen Chile beobachtet. Mr. Dyson Lacy bemerkt, daß die Eingeborenen von Australien, wenn sie sich in diesem Seelenzustand befinden, zuweilen ihre Arme über die Brust kreuzen, eine Stellung, die man häufig bei uns sehen kann. Eine feste Entschiedenheit, zuweilen sich bis zur Hartnäckigkeit steigernd, wird auch zuweilen dadurch ausgedrückt, daß beide Schultern heraufgezogen werden; die Bedeutung dieser Geberde wird im folgenden Capitel erklärt werden.

Bei kleinen Kindern zeigt sich das Schmollen durch Hervorstrecken oder Verziehen des Mundes; wie es zuweilen genannt wird: „sie machen ein Schnäuzchen“.[2] Wenn die Mundwinkel stark herab


  1. Mécanisme de la Physionomie Humaine, Album, Legende IV, Fig. 16—18.
  2. [Das provincielle „einen Flunsch machen“ entspricht dem englischen „to pout“ am meisten. C.] Hensleigh Wedgwood, On the Origin of Language, 1866, p. 78.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/223&oldid=- (Version vom 31.7.2018)