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Dies ist, wie Mr. Tylor bemerkt[1] „nicht sehr leicht zu verstehen, „sowie wir es allgemein sehen. Wenn wir aber bemerken, daß dieselben Zeichen, wenn sie vollständig ruhig gemacht werden, wie wenn irgend ein kleiner Gegenstand zwischen dem Zeigefinger und Daumen weggerollt wird, oder wenn ein solcher mit dem Daumennagel und Zeigefinger weggeschnippt wird, gewöhnliche und ganz gut verstandene Geberden der Taubstummen sind, welche irgend etwas Geringes, Unbedeutendes, Verächtliches bezeichnen, so scheint es, als wenn wir hier eine vollkommen natürliche Handlungsweise übertrieben und conventionell in einer Weise mit einer Bedeutung versehen hätten, daß ihre ursprüngliche Meinung ganz verloren gegangen ist. Eine merkwürdige Erwähnung dieser Geberde findet sich bei Strabo.“ Mr. Washington Matthews theilt mir mit, daß bei den Dakota-Indianern von Nord-America Verachtung nicht bloß durch Bewegungen des Gesichts so wie die oben beschriebenen ausgedrückt wird, sondern auch „conventionell dadurch, daß die Hand geschlossen und in die Nähe der Brust gehalten wird, daß dann der Vorderarm plötzlich ausgestreckt, die Hand geöffnet und die Finger von einander gespreizt werden. Wenn die Person, auf deren Kosten das Zeichen gemacht wird, anwesend ist, so wird die Hand nach ihr hin und der Kopf zuweilen von ihr weggewendet.“ Dieses plötzliche Ausstrecken und Öffnen der Hand deutet vielleicht das Fallenlassen oder Wegwerfen eines werthlosen Gegenstandes an.

Der Ausdruck „Abscheu oder Widerwillen“ in seiner einfachsten Bedeutung bezeichnet etwas dem Geschmacke Widerwärtiges. Es ist merkwürdig, wie leicht diese Empfindung durch irgend Etwas in der äußern Erscheinung, in dem Geruche oder der Natur unserer Nahrung Ungewöhnliches erregt wird. Im Feuerlande berührte ein Eingeborener etwas kaltes präservirtes Fleisch, welches ich in unserem Bivouak aß, mit seinen Fingern und zeigte deutlich den äußersten Abscheu über dessen Weichheit, während ich auf der anderen Seite den äußersten Abscheu davor empfand, daß meine Speise von einem nackten Wilden berührt worden sei, wenn schon seine Hände nicht schmutzig zu sein schienen. Etwas Suppe in den Bart eines Menschen geschmiert, erscheint widerlich, trotzdem daß natürlich nichts Widerliches in der Suppe selbst ist. Ich vermuthe, daß dies aus der sehr


  1. Early History of Mankind, 2. edit., 1870, p. 45.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/251&oldid=- (Version vom 31.7.2018)