Elasticität des Geistes wieder zu erhalten. Diese Resultate sind zum Theil eine Folge der innigen Beziehung, welche zwischen allen Gemüthserregungen und ihren äußern Offenbarungen besteht, zum Theil Folge des directen Einflusses einer Anstrengung auf das Herz und folglich auch auf das Gehirn. Selbst das Heucheln einer Gemüthsbewegung erregt dieselbe leicht in unserer Seele. Shakespeare, welcher doch wegen seiner wunderbaren Kenntnis der menschlichen Seele ein ausgezeichneter Beurtheiler sein sollte, sagt: —
- „Ist's nicht erstaunlich, daß der Spieler hier
- Bei einer bloßen Dichtung, einem Traum
- Der Leidenschaft, vermochte seine Seele
- Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen,
- Daß sein Gesicht von ihrer Regung blaßte,
- Sein Auge naß, Bestürzung in den Mienen,
- Gebrochne Stimm' und seine ganze Haltung
- Gefügt nach seinem Sinn. Und alles das um nichts!“
- Hamlet, Act II, Scene 2.
Wir haben gesehen, wie das Studium der Theorie des Ausdrucks in einer gewissen beschränkten Ausdehnung die Folgerung bestätigt, daß der Mensch von irgend einer niedern thierischen Form herstammt, und wie dasselbe die Annahme der specifischen oder subspecifischen Identität der verschiedenen Menschenrassen unterstützt; so weit aber mein Urtheil reicht, bedurfte es kaum einer solchen Bestätigung. Wir haben auch gesehen, daß der Ausdruck an sich, oder die Sprache der Seelenerregungen, wie er zuweilen genannt worden ist, sicherlich für die Wohlfahrt der Menschheit von Bedeutung ist. So weit wie möglich die Quelle und den Ursprung der verschiedenen Ausdrucksweisen, welche stündlich auf den Gesichtern der Menschen um uns herum zu sehen sind (unsere domesticirten Thiere dabei gar nicht zu erwähnen), verstehen zu lernen, sollte ein großes Interesse für uns besitzen. Aus diesen verschiedenen Gründen können wir schließen, daß die Philosophie unseres Gegenstandes die Aufmerksamkeit, welche sie bereits von mehreren ausgezeichneten Beobachtern erfahren hat, wohl verdient und sie besonders seitens jedes fähigen Physiologen wohl noch mehr verdiente.
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/356&oldid=- (Version vom 31.7.2018)