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Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/340

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bei künstlicher Befruchtung der Pollen ebenso oft zufällig (wie ich aus meinen eigenen Versuchen weiß) von den Antheren einer andern wie von denen der zu befruchtenden Blume selbst genommen, so daß hierdurch eine Kreuzung zwischen zwei Blüthen, doch wahrscheinlich oft derselben Pflanze, bewirkt wird. Ferner hätte ein so sorgfältiger Beobachter, wie Gärtner, sicher im Verlaufe der nur irgend complicirten Versuche seine Bastarde castrirt, und dies würde bei jeder Generation eine Kreuzung mit dem Pollen einer andern Blüthe entweder von derselben oder von einer andern Pflanze von gleicher Bastardbeschaffenheit nöthig gemacht haben. Und so kann die befremdende Erscheinung, daß die Fruchtbarkeit in aufeinanderfolgenden Generationen von künstlich befruchteten Bastarden im Vergleich mit den spontan selbstbefruchteten zugenommen hat, wie ich glaube, dadurch erklärt werden, daß allzu enge Inzucht vermieden worden ist.

Wenden wir uns jetzt zu den Ergebnissen, welche sich durch die Versuche des dritten der erfahrensten Bastardzüchter, W. Herbert, herausgestellt haben. Er versichert ebenso ausdrücklich, daß manche Bastarde vollkommen fruchtbar sind, so fruchtbar wie die reinen Stammarten für sich, wie Kölreuter und Gärtner einen gewissen Grad von Sterilität bei Kreuzung verschiedener Species miteinander für ein allgemeines Naturgesetz erklären. Seine Versuche bezogen sich auf einige derselben Arten, welche auch zu den Experimenten Gärtner’s gedient haben. Die Verschiedenheit der Ergebnisse, zu welchen beide gelangt sind, läßt sich, wie ich glaube, zum Theil aus Herbert’s großer Erfahrung in der Blumenzucht und zum Theil davon ableiten, daß er Warmhäuser zu seiner Verfügung hatte. Von seinen vielen wichtigen Ergebnissen will ich hier nur ein einziges beispielsweise hervorheben, daß nämlich „jedes mit Crinum revolutum befruchtete Eichen eines Stockes von Crinum capense auch eine Pflanze lieferte, was ich (sagte er) bei natürlicher Befruchtung nie wahrgenommen habe.“ Wir haben mithin hier den Fall vollkommener und selbst mehr als gewöhnlich vollkommener Fruchtbarkeit bei der ersten Kreuzung zweier verschiedenen Arten.

Dieser Fall von Crinum führt mich zu der Erwähnung einer ganz eigenthümlichen Thatsache, daß es nämlich bei gewißen Arten von Lobelia, Verbascum und Passiflora individuelle Pflanzen gibt, welche mit dem Pollen einer verschiedenen andern Art, aber nicht mit dem

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/340&oldid=- (Version vom 31.7.2018)