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Species eintritt. Es ist indessen zweifelhaft, ob dies wirklich der Fall ist; und ich will mich bei diesem dunklen Gegenstand nicht länger aufhalten.

Nach der Betrachtung dimorpher und trimorpher Pflanzen können wir es indeß als wahrscheinlich ansehen, daß die Unfruchtbarkeit distincter Arten bei ihrer Kreuzung und deren hybrider Nachkommen ausschließlich von der Natur ihrer Sexualelemente und nicht von irgend welcher allgemeinen Verschiedenheit in ihrem Bau oder ihrer Constitution abhängt. Wir werden in der That zu demselben Schlusse durch die Betrachtung wechselseitiger Kreuzungen zweier Arten geführt, bei denen das Männchen der einen mit dem Weibchen der andern Art nicht oder nur mit großer Schwierigkeit gepaart werden kann, während die umgekehrte Kreuzung mit vollkommener Leichtigkeit ausgeführt werden kann. Der ausgezeichnete Beobachter Gärtner kam gleichfalls zu dem Schlusse, daß gekreuzte Arten in Folge von Verschiedenheiten, die auf ihre Reproductionsorgane beschränkt sind, steril sind.


Fruchtbarkeit gekreuzter Varietäten und ihrer Blendlinge nicht allgemein.

Man könnte uns als einen überwältigenden Beweisgrund entgegenhalten, es müsse irgend ein wesentlicher Unterschied zwischen Arten und Varietäten bestehen, da ja Varietäten, wenn sie in ihrer äußern Erscheinung auch noch so sehr auseinander gehen, sich doch mit vollkommener Leichtigkeit kreuzen und vollkommen fruchtbare Nachkommen liefern. Ich gebe mit einigen sogleich nachzuweisenden Ausnahmen vollkommen zu, daß dies die Regel ist. Der Gegenstand bietet aber noch große Schwierigkeiten dar; denn wenn wir die in der Natur vorkommenden Varietäten betrachten, so werden, sobald zwei bisher als Varietäten angesehene Formen sich einigermaßen steril mit einander zeigen, dieselben von den meisten Naturforschern sogleich zu Arten erhoben. So sind z. B. die rothe und blaue Anagallis, welche die meisten Botaniker für bloße Varietäten halten, nach Gärtner bei der Kreuzung vollkommen steril und werden deshalb von ihm als unzweifelhafte Arten bezeichnet. Wenn wir in solcher Weise im Zirkel schließen, so muß die Fruchtbarkeit aller natürlich entstandenen Varietäten als erwiesen angesehen werden.

Wenden wir uns zu den erwiesener oder vermutheter Maßen im

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/363&oldid=- (Version vom 31.7.2018)