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Viele Gesetze regeln die Abänderung, von welchen einige wenige sich dunkel erkennen lassen, und die nachher noch kurz erörtert werden sollen. Hier will ich nur auf das hinweisen, was man Correlation des Abänderns nennen kann. Wichtige Veränderungen in Embryo oder Larve werden wahrscheinlich auch Veränderungen im reifen Thiere nach sich ziehen. Bei Monstrositäten sind die Wechselbeziehungen zwischen ganz verschiedenen Theilen des Körpers sehr sonderbar, und Isidore Geoffroy St.-Hilaire führt davon viele Belege in seinem großen Werke an. Züchter glauben, daß lange Beine beinahe immer auch von einem verlängerten Kopfe begleitet werden. Einige Fälle von Correlation erscheinen ganz wunderlicher Art; so, daß ganz weiße Katzen mit blauen Augen gewöhnlich taub sind; Mr. Tait hat indessen vor Kurzem angegeben, daß dies auf die Männchen beschränkt ist. Farbe und Eigenthümlichkeiten der Constitution stehen mit einander in Verbindung, wovon sich viele merkwürdige Fälle bei Pflanzen und Thieren anführen ließen. Aus den von Heusinger gesammelten Thatsachen geht hervor, daß auf weiße Schafe und Schweine gewisse Pflanzen schädlich einwirken, während dunkelfarbige nicht afficirt werden. Professor Wyman hat mir kürzlich einen sehr belehrenden Fall dieser Art mitgetheilt. Auf seine an einige Farmer in Florida gerichtete Frage, woher es komme, daß alle ihre Schweine schwarz seien, erhielt er zur Antwort, daß die Schweine die Farbwurzel (Lachnanthes) fräßen, diese färbe ihre Knochen rosa und mache, außer bei den schwarzen Varietäten derselben, die Hufe abfallen; einer der Crackers (d. h. der Florida-Ansiedler) fügte hinzu: „wir wählen die schwarzen Glieder eines Wurfes zum Aufziehen aus, weil sie allein Aussicht auf Gedeihen geben.“ Unbehaarte Hunde haben unvollständiges Gebiß; von lang- oder grobhaarigen Wiederkäuern behauptet man, daß sie gern lange oder viele Hörner bekommen; Tauben mit Federfüßen haben eine Haut zwischen ihren äußeren Zehen; kurz-schnäbelige Tauben haben kleine Füße, und die mit langen Schnäbeln große Füße. Wenn man daher durch Auswahl geeigneter Individuen von Pflanzen und Thieren für die Nachzucht irgend eine Eigenthümlichkeit derselben steigert, so wird man fast sicher, ohne es zu wollen, diesen geheimnisvollen Gesetzen der Correlation gemäß noch andre Theile der Structur mit abändern.

Die Resultate der mancherlei entweder unbekannten oder nur undeutlich verstandenen Gesetze der Variation sind außerordentlich zusammengesetzt

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)